Stefan Winckler
Historiker und Buchautor

© Stefan Winckler

Bewaffnete Orden. Teil I: Die Templer

Vortrag am 7.2.2007 in Kiel

 

Hierzulande war das Mittelalter eine Epoche, die angefüllt war mit Untreue und Auflehnung, mit Gegenkönigen und Gegenpäpsten, und Rivalitäten bis hin zum Königsmord. Eine Zeit, die überreich war mit Schmutz und Seuchen, Missernten und frühem Tod. Aber wo so viel Schatten herrschte – gab es da nicht auch Licht? Es war zugleich auch die Zeit jener Kaiser und Könige, die gelobt hatten, Frieden und Recht im Heiligen Römischen Reiche zu mehren: Monarchen, die sich zum Christentum verpflichtet hatte und die einem zum Angriff unfähigen, universalen Reich vorstanden. Das sind die weltlichen Zusammenhänge.

Undenkbar ist das Mittelalter ohne die Geistlichkeit. Die Leistungen der Mönche gehören zu den Ruhmesblättern des Mittelalters überhaupt, beispielsweise was das Wissen und die Kunst betrifft. Mehr noch: Mönche in Cluny rangen um eine Kirchenreform, nachdem das Papsttum in Rom immer mehr seinen ursprünglichen geistlichen Auftrag vernachlässigt hatte. Das Reformpapsttum rief in Person von Urban II. auf, Jerusalem wieder in den Besitz der Christen zu bringen; wer dafür sterbe, dem werde die Absolution seiner Sünden gewährt. Er hatte damit den Rittern des Abendlandes bei seiner Ansprache auf französischen Boden eine gemeinschaftliche Aufgabe zugewiesen. Der Dienst an der Christenheit konnte freilich kaum durch die Eroberung Jerusalems alleine geschehen. Die Stadt musste militärisch gehalten werden. Zusätzlich waren dort Institutionen erforderlich, die sich um die Pilger kümmerten – von der Krankenpflege bis zum Geleitschutz gegen Überfälle. Diese Aufgaben übernahmen die seinerzeit neu gegründeten geistlichen Ritterorden. Menschen können nicht alles richtig machen. Auch den Ritterorden sind Irrtümer, Fehleinschätzungen, Dummheiten unterlaufen. Ihre Vorzüge waren aber groß genug im Vergleich zu anderen Gruppen und Staaten. Als die Kreuzritter 1204 Konstantinopel im Auftrage Venedigs eroberten und plünderten, beteiligten sich die geistlichen Ritterorden bewusst nicht an diesem Verbrechen. Als Christen verweigerten sie sich dem Kampf gegen Christen. Ihre Leistungen auf dem Gebiet der Krankenpflege, des Militärs und des Finanzwesens vermachten ihnen einen guten Ruf, so dass wesentliche Ritterorden in zeitgemäßer Form auch heute noch existieren und ein gutes Beispiel darstellen. Von den historischen und gegenwärtigen Ritterorden soll hier und jetzt die Rede sein.

Ein Ritterorden ist dabei besonders stark im Gespräch: der mittelalterliche Tempelritterorden. Oder besser gesagt: Die Sage von den Tempelrittern. Das Gerücht von den Tempelrittern. Das Märchen vom Nachwirken der Tempelritter im Zusammenhang mit den Freimaurern. Denn wer eine Buchhandlung aufsucht, wird rasch die vielen Titel entdecken, die sich auf die Templer beziehen. Das „Blut der Tempelritter“, der „Schatten des Templers“ – als Romane, oder das Sachbuch „Das größte Geheimnis der Templer“. Vom Alltag der historischen Templer wird man darin kaum etwas finden, denn der war außerordentlich brav und bieder, aber erfolgreich. Effekte brauchen uns hier nicht zu interessieren. Wir wollen den Wesenskern freilegen.

Denn nach der Eroberung Jerusalems im ersten Kreuzzug 1099 zeigte sich, dass die Pilger nur unter großen Risiken den Weg von der Küstenstadt Jaffa nach Jerusalem begeben konnten. Überfälle sarazenischer Räuberbanden waren nicht selten. Besonders verlustreich soll ein solcher Angriff an Ostern 1119 gewesen sein. Zwischen 1118 und 1129 schlossen sich daher neun Ritter französischer Herkunft zusammen. Erzbischof Wilhelm von Tyrus schrieb etwa 50 Jahre später: 

                Im selben Jahr [1118] begaben sich einige edle Ritter, die voll Verehrung Gottes, gläubig und gottesfürchtig waren, in die Hand des Patriarchen der Kirche und gelobten, für immer nach dem Ordensregeln der Kanoniker leben zu wollen, Keuschheit und gehorsam zu wahren und jeden Besitz abzulehnen. Die vornehmsten und wichtigsten waren zwei ehrwürdige Männer Hugo von Payns und Gottfried von Saint-Omer.   

Noch später, im 13. Jahrhundert führt Bischof Jakob von Vitry die Aufgaben auf, die die Templer entweder vom Patriarchen Jerusalems erhielten oder aus eigenem Entschluss auf sich nahmen:

                Durch feierliche, vor dem Patriarchen von Jerusalem abgelegte Gelübde versprachen sie, die Pilger gegen Räuber und Wegelagerer zu verteidigen, die Wege zu schützen und dem König und Herrscher [von Jerusalem: Balduin II.] als Ritter zu dienen. […] Anfangs waren es nur neun Männer, die einen so heiligen Entschluss gefasst hatten; sie dienten neun Jahre in weltlichen Gewändern und kleideten sich von dem, was die Gläubigen ihnen als Almosen gaben. Der König, seine Ritter und der Patriarch waren des Mitleids voll für diese edlen Männer, die für Christus alles aufgegeben hatten, und gaben ihnen bestimmte Güter und Benefizien für ihren Unterhalt und für das Seelenheil der Stifter. Und weil sie keine eigene Kirche oder Wohnstatt hatten, beherbergte sie der König in seinem Palast nahe dem Tempel des Herrn. Der Abt und die Regularkanoniker des Tempels gaben ihnen für die Erfordernisse ihres Dienstes ein Stück Land nicht weit weg vom Palast. Und aus diesem Grund nannte man sie später die „Templer“.

 Gründungsdokumente sind nicht vorhanden – sie sind entweder nicht entstanden, oder sie sind verloren gegangen – so sind wir also auf diese späteren Zeugnisse angewiesen. Da mag es Ungenauigkeiten geben, aber das wesentliche ist darin zweifellos benannt. Was kann man glauben?  Neun Ritter wollen auf einer Strecke von 30 Kilometern die Pilger vor Überfällen bewahren? War das machbar? Wenn wir uns diese Ritter als Offiziere vorstellen, die nach und nach Unteroffiziere heranziehen, welche wiederum Mannschaften ausbilden, dann können wir uns eine solche Kerntruppe von neun Rittern durchaus als Erfolg versprechenden Kern des Templerordens vorstellen. Wichtig war die Unterstützung durch die weltliche und kirchliche Obrigkeit für dieses Konzept, das das mönchische Ideal mit dem ritterlichen Dienst erstmals verband. Der vollständige Name: Ordo Pauperorum Commilitonum Christi Templique Salomonici – Orden der armen Brüder Christi und des salomonischen Tempels. Dort, wo einst der Tempel stand, richtete der erste Ritterorden sein Hauptquartier ein: in den Räumlichkeiten der früheren wie heutigen Al-Aqsa-Moschee.

Denn zuvor gab es zwar die  Johanniter, die sich anfangs Hospitaliter nannten, aber sie waren eine Bruderschaft ohne Gelübde und Ordensregel, die sich Pilgerbetreuung und Krankenpflege auf ihre Fahnen geschrieben hatte. Sie war im Übrigen schon vor dem ersten Kreuzzug von italienischen Kaufleuten aus Amalfi gegründet worden. Nach einer Erweiterung und Neuorganisation erkannte Papst Paschalis II.  1113 die Hospitaliter als internationale Institution an, die ausschließlich dem Papst unterstellt war. Ihre Ordensregel stammt aus den Jahren 1120 bis 1124, bis sie 1154 an die Aufgaben eines Militärordens (nach dem Beispiel des Tempelritterordens) angeglichen wurde.

Zurück zu den Templern. 1126 schloss sich Hugo de Champagne dem Orden an und setzte mit seiner Schenkung ein Zeichen. Seitdem folgten zahlreiche weitere Stiftungen. Im Jahr darauf reiste Hugo de Payens nach Frankreich, um eine Ordensregel mit der Geistlichkeit des Abendlandes abzustimmen und weitere Ordensbrüder zu gewinnen. Dabei unterstützte ihn der Zisterzienserabt Bernhard von Clairvaux beim Abfassen des Statuts. Hugo de Payens hatte das Glück, mit einem der größten Geistlichen seiner Zeit verwandt zu sein. Der gleiche Bernhard war es, der 1128 mit seinem programmatischen, auf Werbung bedachten Text „De laude novae militiae“ (Lob der neuen Ritterschaft) den Tempelritter als kämpferischen Ritter Gottes von dem als geckenhaft kritisierten, veräußerlichten Ritter seiner Zeit abgrenzte. Tatsächlich erreichten sie 1129 anlässlich des Konzils von Troyes die Anerkennung als Orden, und auch den weißen Mantel der Zisterzienser trugen sie seitdem – auch wenn das rote Kreuz erst 1147 darauf genäht wurde. Weiß bedeutet Reinheit und Unschuld. Die 72 Artikel der Ordensregel wurden in den Jahrzehnten darauf ständig präzisiert und erweitert, bis es ungefähr 700 waren. Von den Mahlzeiten bis zum Kampf war dort alles bestimmt, selbstverständlich auch die Gebete, und nicht zuletzt der Strafkatalog. Auf beides werde ich später noch eingehen.

Mit der Anerkennung als Orden durch die Kirche war zugleich ein kommerzieller Aspekt erfüllt: Wer der Meinung war, er habe im Leben viel gesündigt und so sein Seelenheil in Gefahr gebracht, der konnte nun beruhigt eine Schenkung an die Templer reichen. Natürlich erhielten die Templer auch Schenkungen aus uneigennütziger Sympathie für den eingeschlagenen Weg, die Kombination von Ritter und Mönch in einem einzigen Orden. Nun war es am Papst, die Templer zu beurteilen. Innozenz II. bestätigte in der Bulle „Omne datum optimum“ 1139 die bisher zuerkannten Vergünstigungen. So waren die Templer nur dem Papst und keinem Bischof unterstellt. So waren die Templer nur dem Papst und keinem Bischof unterstellt. Sie brauchten daher keinen Zehnt an Bischöfe oder Priester zahlen. Sie hatten ihre eigenen Priester. Ihren Großmeister wählten die Templer selbst, und er hatte durch den Ausschluss anderer Obrigkeiten eine erhebliche Machtstellung. So hatte der Templerorden seine Vorteile, oder genauer: seine Unabhängigkeit von den Bischöfen  - was 1145 noch bekräftigt wurde, als Papst Eugen II. den Templern eigene Kirchen und Friedhöfe gestattete. Ungefähr einhundert weitere päpstliche Privilegien folgten bis 1260. Weniger neue Rechte als vielmehr Bestätigungen der bisherigen Privilegien sind der Inhalt, und häufig hatten sie auch regionalen Bezug.

 Verbreitung: Zu seinen besten Zeiten gehörten dem Orden wohl um die 7000 Ritter, Servienten und Priester an. Servienten waren die Handwerker nichtadeliger Herkunft, die für die Templer arbeiteten. Um 1300 verfügte er Templerorden über mindestens 870 Niederlassungen in den meisten Ländern der lateinischen Christenheit (Vgl. Barber, S, 8f).


Wie sah das Leben eines Templers aus?

Beginnen wir mit der Aufnahme in den Orden. Der Rezeptor sprach:


                Liebe Herren und Brüder, ihr sehet, dass die meisten einig sind, diesen zum Bruder aufzunehmen. Wäre jemand unter Euch, der von ihm etwas wüsste, weshalb der nicht mit Recht Bruder werden könnte der sage es, denn es ist besser, dass ein solches vorher angezeigt werde, als nachher wenn er vor uns geführt ist.

Gab es keinen Einwand, klärten ihn die Ritter in einem Nebenraum über die Ordensregel auf, befragten ihn über sein Vorleben und prüften die Festigkeit seines Entschlusses. Geschah dies zur Zufriedenheit, erhielt der Rezeptor davon Bescheid. Dieser fragte erneut das Kapitel: „Willigt ihr also, edle Herren und Brüder, ein, dass man ihn in Gottesnamen kommen lasse?“ Antwort: „Lasset ihn in Gottesnamen kommen!“ Der Kandidat kniete nun mit gefalteten Händen nieder und sprach: „Herr, ich bin gekommen vor Gott, vor Euch und die Brüder, und bitte Euch um Gottes und unserer lieben Frauen [die Heiligen, insbesondere Maria] willen, mich in Eure Gesellschaft aufzunehmen als einen, der sein Leben lang Knecht und Sklave des Ordens sein will“.

Danach führte der Rezeptor dem Kandidaten vor Augen, dass er als Tempelritter auf einiges verzichten muss und der Beitritt gründlich überlegt sein sollte:

Ihr begehrt, was groß ist, und Ihr kennt die harten Vorschriften nicht, die in diesem Orden befolgt werden. Ihr seht uns mit schönen Gewändern,  schönen Pferden, großer Ausrüstung, aber das strenge Leben des Ordens könnt Ihr nicht kennen. Ihr habt hierfür keinen eigenen Willen mehr. Wenn Ihr im Gelobten Land sein wollt, wird man Euch jenseits des Meeres schicken. Wenn Ihr schlafen wollt, wird man Euch befehlen, zu wachen, wenn Ihr essen wollt, wird man Euch befehlen, etwas anderes zu tun. Seht hier das heilige Evangelienbuch, Gottes Wort, und antwortet die Wahrheit auf alle Fragen, die wir Euch stellen werden; denn wenn Ihr lügt, begeht Ihr einen Meineid und werdet aus dem Orden ausgestoßen, wovor euch Gott behüte!

 

Es folgten die Fragen an den Kandidaten, ob er verheiratet oder sonst eine Frau verpflichtet sei, einem anderen Orden angehöre, Schulden habe, gesund und ehelicher Herkunft sei.


                "Gelobet Ihr Gott und Maria, unserer lieben Frau, Euer Leben lang dem Meister des Tempels und dem Euch vorgesetzten Komtur Gehorsam zu leisten?  Gelobet Ihr bei Gott und der unbefleckten Jungfrau Maria Euer Leben lang keusch mit Eurem Leib zu leben und die Sitten und Gebräuche des Tempels einzuhalten, dass Ihr kein persönliches Eigentum haben werdet, dass ihr nur das besitzen werdet, was Euch Eure Vorgesetzten geben, dass ihr alles tun werdet, was in Eurer macht steht, um die Eroberungen im Königreich Jerusalem zu schützen, zu erobern, was noch nicht errungen wurde, dass ihr Euch niemals dorthin begebt, wo man Christen zu Unrecht tötet, plündert oder enterbt, und wenn Euch Güter des Tempels anvertraut werden, so schwört ihr, gut darauf zu achten. Und ihr werdet den Orden ohne Genehmigung Eurer Vorgesetzten nicht verlassen, sei es um besserer oder schlechterer Umstände willen". 

Darauf der Kandidat: "Ja, Herr, so Gott will". 

Der Rezeptor:

"Nun denn, im Namen Gottes und Marias, Unserer lieben Frau, und im Namen St. Peters von Rom und unseres Heiligen Vaters des Papstes und im Namen aller Brüder des Tempels nehmen Wir Euch auf zu allen guten Werken des Ordens, die von Anfang an verrichtet sind und bis ans Ende verrichtet werden, Euch, Euren Vater, Eure Mutter und alle, die Ihr Teil daran nehmen lasset wollet“  

Der Schwur des Neuen lautete:

"Ich [Name], Ritter des Ordens des Tempels, verspreche Jesus Christus, meinem Herrn, und seinem Vikar, dem souveränen Papst und seinen Nachfolgern beständigen Gehorsam und Treue. Ich schwöre, dass ich nicht nur mit dem Wort, sondern auch mit der Waffe und mit allen meinen Kräften die Mysterien des Glaubens verteidigen werde, die sieben Sakramente. Ich verspreche ebenso, dem Großmeister des Ordens untergeben und gehorsam zu sein gemäß den Statuten, die Uns von Unserem Vater, dem heiligen Bernhard, vorgeschrieben wurden; dass ich jedes Mal, wenn es notwendig ist, die Meere überqueren werde, um in den Kampf zu ziehen; dass ich Hilfe leisten werde gegen die ungläubigen Könige und Fürsten und dass ich vor drei Feinden niemals flüchten, sondern ihnen, wenn es Ungläubige sind, die Stirn bieten werde".

Der Rezeptor legte ihm nun den weißen Mantel um, der Ordensgeistliche sprach den Psalm 132 und alle Brüder sprachen das Vaterunser.

Rezeptor und Tempelritter umarmten den Neuen, der anschließend einen ersten Unterricht über die wesentlichen Bestimmungen der Ordensregel erhielt (vgl. Internationale Templer-Lexikon, S. 66)

 

Nicht jeder konnte dieses Leben führen. Manch einer desertierte. Für die Vergehen gab es einen Katalog von Sanktionen, beginnend, dass der Sünder einen Tag lang auf Wasser und Brot gesetzt wurde. Höchststrafe war die Verstoßung aus dem Orden. Darum kümmerte sich die „Justiz des Hauses“. Die Ritterorden unterschieden sich nicht allzu sehr, was die Sanktionen anging. Die präzise Ordensregel einschließlich des Strafenkatalogs dürfte die Disziplin sehr gefestigt haben. 

Nicht die Festung, sondern der Bauernhof mit einer viereckigen, karg ausgestatteten Kapelle war für die Templerniederlassung im Abendland typisch. Doch war das Tempelrittertum hierzulande kein Selbstzweck, sondern auf das Heilige Land ausgerichtet, wohin die Überschüsse aus dem abendländischen Wirtschaftsbetrieb abzuliefern waren. So galt im Okzident das ora et labora, im Orient war dagegen die Kampfbereitschaft angesagt. Gottesdienst und Gebete nahmen einen großen Teil des Tages ein.

Das Stundengebet begann um 4.00 Uhr früh mit 13 Vaterunsern. Dann war ein kurzer Schlaf erlaubt. Um 6.00 Uhr folgte als Prim (Gebet zur ersten Stunde) die Heilige Messe, die Terz (Gebet zur dritten Stunde) um 8.00 Uhr und die Sext (Gebet zur sechsten Stunde) um 11.30 Uhr. Das bedeutete, dass jeder Ordensbruder am Vormittag 60 Vaterunser für die Wohltäter des Hauses gebeten haben sollte: 30 für die Toten, ebenso viele für die Lebenden, damit Gott sie von den Sünden befreie und sie zu einem guten Ende führe. Wenn kriegerische Auseinandersetzungen im Morgenland den Tag bestimmten, konnten Prim, Terz und Sext auch zusammengefasst werden.

Dann erst, zur Mittagszeit, folgte die erste Mahlzeit des Tages, meist in zwei Schichten: die erste für die Ritter, die zweite für die Servienten. Ein Priester segnete die Mahlzeiten, es wurden heilige Texte verlesen, Gespräche untereinander waren nicht erlaubt.

Um kämpfen zu können, war eine kräftige Ernährung unabdinglich. Lange Fastenzeiten hätten geschadet. Dreimal in der Woche gab es Fleisch vom Rind, Hammel, Kalb, Ziege; Fisch, Käse, Gemüse werden in der Ordensregel genannt. In Art. 185 heißt es: „Man gebe den Brüdern oft zwei Gerichte, damit diejenigen, die das eine nicht essen, vom anderen nehmen könne; oder auch drei Speisen, wenn Häuser Überfluss haben und die Komture es wollen“.

Nach dem Mittagessen begaben sich die Templer zum Dankgebet in die Kapelle. Zur neunten Stunde um 14.30 Uhr und zum Abendgebet, der Vesper, fand man sich erneut zusammen. Es folgte als zweite Mahlzeit das Abendessen, und der Tagesablauf endete mit dem eigentlichen Nachtgebet (etwa 18.15 Uhr im Winter), bei der die Ordensbrüder Wasser oder verdünnten Wein tranken (vgl. Barber, S. 214).

Der Kampf fand ja weitgehend im Orient statt, abgesehen von den Auseinandersetzungen mit den Mauren in Spanien. So hatten sie im Abendlande nur wenige Waffen und widmeten sich auch nur wenig dem militärischen Training. Das Leben hierzulande, war, wie gesagt, von Landwirtschaft und Handwerk, vom Kaufen und Verkaufen der Äcker und der Dörfer bestimmt. Viel Arbeit, keine spektakulären Aktionen. 

Für intellektuelle Produktion waren die Ritterorden nur wenig bekannt, wohl aber für das praktische Leben. Die Kenntnisse der Templer über Pferde waren berühmt. Manche gekrönten Häupter, etwa in England, zogen Templer zur Finanzverwaltung heran. Da Münzen und Edelmetalle auf dem langen Weg in den Orient geraubt worden wären, konnten Pilger im Abendland Geld bei den Templern einzahlen. Von diesem Guthaben durften sie in den Templerhäusern auf dem Kreuzzugsweg und im Heiligen Land Beträge abheben. Eine Verwaltungsgebühr für die Aufrechterhaltung dieser Dienstleistung war allerdings zu entrichten. Überhaupt machten sich die Templer im Laufe des 13. Jahrhunderts einen Ruf als Bankiers. Sie vergaben Kredite gegen Gebühr (einen versteckten Zins also), Schenkungen und erfolgreiches Wirtschaften bildeten die Grundlage. Landesfürsten versuchten Templer in ihr Gebiet zu holen, indem sie ihnen Grundstücke schenkten. Der Tempelritterorden unterhielt seine eigene Flotte, um seine Brüder und den Nachschub in und aus den Orient zu transportieren, er nutzte die Schiffe für den Transport von Pilgern. Kaufleute konnten Schiffe chartern! Die geschäftstüchtigen Templer hatten zwar auch Almosen zu geben. Diesbezüglich waren die Johanniter großzügiger. Und ebenso zeigten sich die Johanniter, trotz ihrer Umwandlung in einen Ritterorden mit militärischem Anspruch, weiterhin als Krankenpflegeorden von bester Qualität. Beide großen Ritterorden errichteten gewaltige Burgen auf dem Gebiet des heutigen Libanon.

Im Heiligen Römischen Reich fasste der Templerorden kurz nach dem Konzil von Troyes Fuß. In Metz ist eine restaurierte Templerkapelle als Sehenswürdigkeit bekannt, die sogar unter dem Stichwort „Metz“ im Brockhaus aufgeführt und auf den Internet-Seiten der Stadt aufgeführt ist. Dort ließen sich Templer im Jahre 1133 nieder.

Im Dorf Mühlen bei Osthofen unweit von Worms ist ebenfalls eine Templerniederlassung verbürgt. Nach ihr ist eine Straße benannt, zu sehen ist darüber hinaus aber nichts mehr.

In Mainz entstand um 1200 eine Templerniederlassung am damaligen südlichen Stadtrand, wo heute die Ignazkirche steht. Es ist die Stelle der heutigen Kapuzinerstr. 27. In der Nähe erinnert die Templergasse an den Orden.

Der süddeutsche Raum blieb aber insgesamt wenig berührt von den Templern, denn sie waren bekanntlich ein Ritterorden des Papstes, und im Stauferland waren sie der weltlichen Obrigkeit wenig genehm. Mehr als 200 Tempelritter dürfte es im deutschsprachigen Raum zu keiner Zeit gegeben haben. Der Orden war eben zum größten Teil in Frankreich, ferner in England vertreten, gefolgt von Spanien, Portugal, den Heiligen Römischen Reich und dem Königreich Sizilien.  

Schon bald erhielten die Templer eine Bestimmung innerhalb Mitteleuropas: die Templer im Reich nahmen an den Kreuzzügen gegen die Wenden teil (1148). So entstand neben dem geografischen Schwerpunkt am Rhein (wo sich der französische Einfluss zeigte) eine Reihe von Templeransiedlungen im heutigen Sachsen-Anhalt und in Thüringen, sowie in Brandenburg und Pommern. Man denke nur an Tempelhof in Berlin. Mehr dazu in den Bänden Die Templer im Osten Deutschlands und Die Templer in Mitteldeutschland von Günther Lehmann und Christian Patzner.

Templer leisteten einen Beitrag zur deutschen Ostsiedlung, auch im böhmisch-mährischen Raum. 1231, zu Zeiten von König Wenzel I., kamen Templer nach Prag. 1248 ist erstmals die Templerniederlassung in Čejkovice  in Südmähren erwähnt, wo deutsche Tempelritter zur Sicherung der Wege herbeigerufen wurden. Das kann der Besucher im Foyer des Restaurants „Zu den Tempelrittern“ nachlesen, wo in tschechischer, deutscher und englischer Sprache die geschichtlichen Daten aufgeführt sind. Dieses Lokal befindet sich heute dort, wo die Templer ihre Keller zur Lagerung des Weins angelegt hatten. Im Dorf befindet sich heute ein Schlosshotel und eine Weinkellerei, die den Namen der Templer tragen. Die zentrale Straße im Ort heißt „Templarška“ (Templerstraße). 

Templštejn ist eine Ruine südwestlich von Brünn, wo die Templer 1269 erstmals nachgewiesen sind.

Mehr noch: In der Burg Eichhorn bei Brünn gab es 1304 hohen Besuch zu empfangen: den Visitator des Templerodens im Abendland; Hugo von Pairraud. Wir würden heute sagen: den zweitenMann des Ordens nach dem Großmeister. Was er der Ordensprovinz Mähren mitsamt einigen Polen und Österreichern zu sagen hatte, weiß niemand genau. Den weiten Weg von Paris nach Osten wird er aber nicht ohne Grund, sondern wegen einer wichtigen Ordensprovinz unternommen haben. Vielleicht ging es um Silber – Iglau war seinerzeit eine wichtige Bergbaustadt, genau wie Freiberg in Sachsen. Oder ging es um Politik, einen neuen Kreuzzug vielleicht? Jedenfalls sind das Fragen, die ich für wichtiger und passender halte als die Debatte um Esoterik, also um angebliche Geheimlehren der Templer. Denn wenn es in einer Niederlassung nur zwei Ritter und ansonsten Servienten (also: Bedienstete) und den Ordensgeistlichen gab, Landwirtschaft mit Gewinn zu betreiben war, Käufe und Verkäufe getätigt wurden, wie war dann neben den umfangreichen religiösen Pflichten noch Geheimkult, Ketzerei, Perversion möglich? Das dürfte den biederen und fleißigen Templern gar nicht in den Sinn gekommen sein, jedenfalls nicht in den deutschen Landen und im übrigen Europa, wo sie ja nach 1307 samt und sonders frei gesprochen worden sind. Ausnahme: schuldig gesprochen wurden sie in Frankreich, nachdem sie sich unter der Folter oder der Androhung der Folter selbst schwer belastet haben. Es gab kaum einen Vorwurf, den der französische Staat ihnen nicht machte. Hintergrund war die Absicht König Philipps des Schönen, das Vermögen der Templer in seinen Besitz zu bekommen.

Drei päpstliche Legaten im Erzbischofsrang verhörten Jacques de Molay und die Spitze des Templerordens 1308 in der Stadt Chinon. Sie gewährten ihnen die Absolution, d.h. den führenden Templern waren die Sünden vergeben und sie waren wieder zur heiligen Messe sowie den Sakramenten zugelassen. Das Protokoll darüber, besiegelt von vier Notaren, gelangte unter Napoleon Bonaparte nach Frankreich, wurde später in die Geheimarchive des Vatikan zurückgeführt und dort entweder vergessen oder so „gut“ aufgeräumt, dass es als verschollen galt. 2001 fand eine italienische  Wissenschaftlerin namens Barbara Frale das Dokument, über das im Jahr 2006 weit über akademische Kreise viel geschrieben und diskutiert wurde.

Papst Clemens beauftragte die weltliche Obrigkeit, die Templerimmobilien treuhänderisch zu verwalten. Die Geistlichkeit sollte Untersuchungsrichter sein. So hatte Erzbischof Peter von Aspelt gerade ein Provinzialkonzil nach Mainz berufen, das auch über die angeblichen Vergehen der Templer zu beraten hatte. Das Entsetzen der Bischöfe und Priester war groß, als plötzlich 20 gerüstete und bewaffnete Templer unter Führung des Wildgrafen Hugo in den Saal marschierten, sich für unschuldig erklärten und dem Erzbischof Peter das Versprechen abnahmen, sich für sie einzusetzen. Hugos Bruder Friedrich soll ein rotglühendes Eisen ergriffen haben, das ihn nicht verletzte. So jemand konnte kein Feind Gottes sein, war daraus zu schließen.

In Magdeburg ließ Erzbischof Burghardt einige Templer verhaften, die meisten aber setzten sich mit ihren Waffen zur Wehr und genossen dabei die Unterstützung des Adels, beispielsweise von Fürst Albert I. von Blankenburg am Harz und Markgraf Waldemar von Brandenburg. Burghardt musste die Templer wieder freilassen.  

Bedroht von der Armee Philipps hob das Konzil von Vienne unter Leitung Clemens V, den Templerorden 1312 auf. Das war kein Urteil gegen den Orden, sondern ein Verwaltungsakt, der keineswegs einstimmig zustande gekommen war. Sein Vermögen fiel zum großen Teil an den Johanniterorden. Oft haben die Johanniter diese Liegenschaften wenig später wieder verkauft, so dass weltliche Besitzer, lokale und regionale Adelige, den einstigen Templerbesitz übernahmen, fortführten, veränderten. So z.B. in Mainz und in Čejkovice. Insgesamt schlossen sich die deutschen Templer entweder dem Johanniterorden an oder führten fortan ein weltliches Leben mit Frau und Kindern.

In Paris, dem Sitz der Ordensführung seit dem Verlust der orientalischen Besitzungen,  verurteilte eine königliche Kommission den Großmeister und den Meister von Frankreich zu lebenslänglicher Haft aufgrund ihrer Jahre zurückliegenden, unter der Folter erzwungenen Geständnisse. Als beide ihre alten Aussagen widerriefen, wurden sie zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilt und unverzüglich verbrannt. Ihre tapfere Haltung rief Respekt und Mitleid in der Pariser Bevölkerung hervor. Boccaccio, der italienische Dichter des „Decamerone“ hat ausführlich darüber geschrieben, da sein Vater als Kaufmann in Paris Zeuge des Justizmordes war. 

In Portugal, wo die Templer fast von Anfang an in engem Einvernehmen mit dem Königshaus standen, ereignete sich etwas völlig anderes: König Diniz (Dionys) beherbergte die Tempelritter und erreichte 1318, dass Papst Johannes XXII. die (portugiesischen) Templer unter dem Namen Ritterorden unseres Herrn Jesus Christus als eigenständigen geistlichen Ritterorden „lizenzierte“. Diese Christusritter erhielten in Portugal das Vermögen der Templer zurück, nur waren fortan noch mehr als zuvor ein Instrument der Krone. Der König bestimmte den Großmeister. Ihr Symbol war das rote Templerkreuz, das ein weißes Kreuz einschloss (weiß als Zeichen der Unschuld). Dieses Symbol prangte auf den Segeln ihrer flotte. Weniger Jerusalem als der Kampf gegen die Mauren war ihr Ziel. Sie wurden zu den großen Seefahrern, die entlang der westafrikanischen Küste bis weit südlich des Äquators vorankamen. Hintergrund dieser Entdeckungsreisen war die Annahme, sie könnten so die moslemische Welt nicht im Mittelmeer, sondern sozusagen in ihrem Rücken angreifen.

Heute ist der Christusritterorden in Portugal kein geistlicher Ritterorden, sondern ein Verdienstorden des Staates. 

 

Literatur zum Thema Tempelritterorden

 

Malcolm Barber: Die Templer: Geschichte und Mythos. Düsseldorf 2005.

Alain Demurger: Die Templer. Aufstieg und Untergang 1120-1314. München 1999.

Ders.: Der letzte Templer. Leben und Sterben des Großmeisters Jacques de Molay. München 2004

Helen Nicholson: Knight Templars. A New History, Sutton 2004.

Ernst Sommer: Die Templer. Roman. Wuppertal 2005 (Erstauflage 1935)

Dieter H. Wolf: Internationales Templer-Lexikon. Innsbruck 2003. 

 

Teil II:  Johanniter und Malteser

 

Nach der Niederlage der Kreuzfahrer im Orient 1291 (Fall von Akko) fand der Johanniterorden eine neue Aufgabe im Kampf gegen die Türken, genauer: im Abwehrkampf auf See. Er begründete einen Ordensstaat auf Rhodos. Als die Türken Rhodos mit einer Übermacht bedrohten, setzten sich die Ritter und Servienten ab. Kaiser Karl V., ein Bewunderer der Johanniter, vermachte ihnen 1539 die Inselgruppe Malta. Daher auch der Name des jetzigen katholischen Zweigs: Malteser.

Die Malteserritter errichteten Festungsanlagen, Paläste und Kathedralen, nicht ahnend, dass sie nicht von den moslemischen Türken, sondern von den einst christlich getauften Franzosen zur Abtretung ihres Territoriums gezwungen werden sollten. 1798 erschien die Flotte Frankreichs auf dem Weg nach Ägypten – wieder eine Übermacht, die von den teilweise schon älteren Malteserrittern nicht zu stoppen war. Schon im Jahr darauf verlor Frankreich die drei Inseln an Großbritannien, das sie wegen ihrer strategisch günstigen Lage bis 1962 behielt. Ein neues Territorium für den Malteserorden war immer wieder im Gespräch – etwa anlässlich des Wiener Kongresses – doch zerschlugen sich die Hoffnungen. Seit 1838 hat der Malteserorden seinen Sitz in Rom. Er ist ein Staat ohne Territorium, er verfügt über diplomatische Vertretungen (auch im Range von Botschaften), gibt Briefmarken und Münzen heraus. Zusammen mit dem Ritterorden vom Heiligen Grab ist er der Ritterorden der Katholischen Kirche. 550 Mitglieder hat der Malteserorden heute in Deutschland, in Österreich sind es 414, weltweit 12500 Ritter und Damen. Der Leitsatz ist über die Jahrhunderte hinweg der gleiche geblieben: „Bezeugung des Glaubens und Hilfe den Bedürftigen“. Der offizielle Name: Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom Heiligen Johannes von Jerusalem, genannt von Rhodos und von Malta. Von den Malteser-Niederlassungen gibt es in Niederösterreich einem die ununterbrochen seit 1147 besteht: Mailberg. Eine Renaissance-Festung krönt das kleine Weinbauerndorf, und auf dem Etikett des dort produzierten Weins steht:  Souveräner Ritterorden der Malteser. Zur Schlossanlage, die heute als Vier-Sterne-Hotel genutzt wird, gehört eine prächtige Kapelle im Rokokostil.

Sitz der Kanzlei der Deutschen Assoziation des Malteserritterordens ist Altenahr-Kreuzberg im nördlichen Rheinland-Pfalz. 

Die Literatur über den Malteserorden ist umfangreich, da der Orden ja seit 900 Jahren ununterbrochen besteht und daher seine Dokumente eher sichern konnte als die Templer, die untergingen.


Wer aber ist der heutige Johanniterorden?

Es handelt sich um den evangelischen Zweig des mittelalterlichen Ritterordens der Johanniter. Sein Ursprung ist rein deutsch: Die deutsche Ordensprovinz hatte im späten 14. Jahrhundert einige Ordensgüter in Pommern und Pommerellen verkauft. Das rief die Besorgnis der norddeutschen Ordensritter hervor, die dann eine weitgehende Autonomie der Balley (der Ordensprovinz) Brandenburg durchsetzte. So durften diese Ordensritter dann ihr Oberhaupt, den Herrenmeister, frei wählen. Ihr Protektor war der Landesherr, der Markgraf von Brandenburg. Als die Brandenburger Kurfürsten sich für die protestantische Konfession entschieden, folgte ihnen die Ordensballey Brandenburg der Johanniter. Ihre Leistung für das Land: Die Johanniter legten die Sumpfgebiete an der Oder und v.a. der unteren Warthe trocken. Dort gründeten sie Höfe und Dörfer. Die fast völlige Pleite Preußens durch die napoleonischen Kriege ließ König Friedrich Wilhelm III. den Johanniterorden 1811 säkularisieren. Sein Sohn Friedrich Wilhelm IV., von jeher ein tiefgläubiger Christ und schwärmerischer Mittelalter-Freund, sorgte 1851 für die Wiederauferstehung des evangelischen Johanniterordens. Damals war es bereits Tradition, dass die Herrenmeister des Ordens Hohenzollernprinzen waren. Was weniger bekannt ist: Es waten Johanniterritter, die bei der Gründung des Roten Kreuzes durch Henri Dunant maßgeblich halfen. 1863 wurde Prinz Heinrich XIII. von Reuß-Köstritz, der Delegierte des Johanniter-Ordens, zum Vizepräsidenten des gerade gegründeten Internationalen Roten Kreuzes gewählt. In den folgenden Jahrzehnten errichteten und betrieben die Johanniter zahlreiche Krankenhäuser. 1917 waren es 59 (Stribrny, S. 24). Das Ende der Monarchie 1918 und v.a. Zerstörungen und Verlust der deutschen Ostgebiete 1945 brachten den Johanniterorden in schwere Krisen. Dank ausländischer Johanniterritter – Skandinavier und Niederländer – konnte sich der Johanniterorden in der Bundesrepublik regenerieren. An der Spitze steht heute Prinz Oskar von Preußen.

Schauplatz der meisten Ritterschläge von 1550 bis 1931 war Sonnenberg, unweit der Mündung der Warthe in die Oder bei Küstrin gelegen. Das Schloss brannte 1976 ab, die Kirche wird in gutem Zustand erhalten.

Heute verfügt der Johanniterorden wieder über etwa 3300 Ritter im In- und Ausland.  

 

Literatur

 

Wolfgang Stribrny: Der Johanniterorden und das Haus Hohenzollern (Schriftenreihe der Hessischen Genossenschaft des Johanniterordens, Bd. 24). Butzbach-Niederweisel 2004. 

 

 

Teil III: Der Deutsche Orden

 

Auch er wurde im Heiligen Land gegründet, als zwei Kaufleute aus Bremen und Lübeck um 1190 ein Feldlazarett während der Belagerung von Akko in Zelten aufbauten und nach der Eroberung ein festes Spital in jener Stadt eröffneten. Dieses Haus erhielten sie vom König von Jerusalem, Guido von Lusignan. „Am 21. Dezember 1196 gewährte Papst Coelestin III. dem neuen Hospital Privilegien und erkannte seine Unabhängigkeit von den Johannitern an, die dagegen protestierten“ (Demurger, Die geistlichen Ritterorden, S. 48). So war in kurzer Zeit der Aufstieg von den Laien-Krankenpflegern zu einem autonomen, keinem Bischof mehr unterstellten Orden erreicht (die Templer brauchten dafür einige Jahre mehr). Auch dieser deutsche Hospitalorden wandelte sich wiederum sehr rasch auf Drängen deutscher Kreuzfahrer in einem kämpfenden Ritterorden.

 

Er hieß nun:  Ordo Domus Sanctae Mariae Theutonicoum - Orden der Brüder des Hospitals St. Marien der Deutschen zu Jerusalem.

 

Ihre Regel war den beiden großen Ritterorden entlehnt: Was den Kampf anging, richteten sie sich an den Templern aus, was den Hospitaldienst betraf, übernahmen sie ihre Statuten von den Hospitalitern. Das war 1199. Papst Honorius III. stellte den Deutschen Orden 1220/21 den Templern und Johannitern gleich, so dass sie keinem einzelnen Bischof oder weltlichen Herrn mehr unterworfen waren. Der vierte Großmeister Hermann von Salza erwies sich als wegweisend. Er, der oft zwischen Kaiser Friedrich II. und dem Papst vermittelte, hielt den Orden an der Seite des Kaisers, während Templer und Johanniter ausschließlich dem Papst verpflichtet waren und den Kaiser die Ablehnung spüren ließen, als er, vom Papst gebannt, Jerusalem 1229 durch einen Vertrag mit Sultan Kamil zurückgewann. Noch wichtiger und zukunftsweisender war der Einsatz des Deutschen Ritterordens in Europa. Zunächst rief der ungarische König Andreas II. die Deutschordensritter zur militärischen Verstärkung ins ostungarische Burzenland – und verwies sie nach wenigen Jahren wieder des Landes. Konrad von Masowien holte sie 1225 in das spätere Ostpreußen. 1226 vermachte ihnen Friedrich II.    das Kulmer Land – in der Goldbulle von Rimini ist es beurkundet. Damit waren sie Vasallen Friedrichs und nicht mehr vom Wohlwollen Konrads abhängig. Innerhalb von zehn Jahren eroberten sie das spätere Westpreußen. In Livland erbten sie das Land des Schwertbrüderordens, der nach einer schweren Niederlage 1237 alleine nicht mehr lebensfähig war und sich dem Deutschen Orden anschloss. Die Schwertbrüder lebten nach der Templerregel. Dieses Land zog sich weit nach Nordosten, so dass sie die reiche russische Stadt Nowgorod in Reichweite hatten. Auf dem zugefrorenen Peipussee ereignete sich am 5. April 1242 eine Schlacht mit den Russen, die der deutsche Orden verlor. Hingegen war die Eroberung des späteren Ostpreußen mit der Gründung von Königsberg 1254 abgeschlossen. Das heißt aber nicht, dass alles befriedet war und aufgebaut werden konnte. Immer wieder kam es zu Aufständen der heidnischen oder gerade erst bekehrten Stämme. V.a. war es der Litauerkönig Midaugas, der den Deutschen Orden vernichtend schlug und so den Weg für den Aufstand der Pruzzen frei machte. Nach 1270 konnte sich der Deutsche Orden allerdings durchsetzen. Übrigens war der Sitz des Deutschen Ordens zunächst am Gründungsort Akko, anschließend Venedig und erst 1308/09 eroberten die Deutschordensritter Westpreußen mit Danzig. Im Jahr darauf bauten sie die Marienburg an der Nogat. Bis 1454 war sie Ordenssitz. nach der schweren Zerstörung im Zweiten Weltkrieg bauten die Polen sie wieder auf. Heute ist sie Weltkulturerbe der UNESCO (www.malbork.pl). 

1347 errang der Orden Estland. Allmählich wandelte sich der Orden aber zum Träger eines eher konventionellen Fürstentums, denn Kreuzzüge gehörten mehr und mehr der Vergangenheit an. Mal verbündete sich der Orden mit Litauern und Polen, mal bekämpften sie sich. Jedenfalls können wir den Orden nicht als absolut deutschnational und polenfeindlich abtun können, wie es Henryk Sienkiewicz in seinem Roman „Die Kreuzritter“ tat. Zu einer nationalen Propaganda, wie sie auch in Deutschland geübt (um nicht zu sagen: verübt) wurde, taugt er also nicht, dazu gab es seinerzeit nicht den Begriff der „Nation“ im Sinne des 19./20. Jahrhunderts.

 

Wie viele Ordensbrüder hatte der Deutsche Orden? Selbst zu seinen besten Zeiten waren es wohl nicht mehr als gleichzeitig 2000 Ritter und Priester. 1418 sollen es in Preußen etwa 500 gewesen sein und für Livland im Jahre 1448 wird eine Zahl von 270 angenommen. Wie Johanniter und Templer waren es Armut, Keuschheit und Gehorsam, die das Deutschordensleben bestimmten. Um seine Geschichtsschreibung kümmerte sich der Deutsche Orden offenbar mehr als die Templer, indem schon im 14. Jahrhundert zwei Chroniken vom Kampf im Baltikum entstanden. Er wirkte auf seine Zeitgenossen nicht selten faszinierend: Westeuropäische Adlige kamen ins Ordensland, um sich am Kreuzzug gegen die Litauer zu beteiligen (Preußenreisen) und dort zum Ritter geschlagen zu werden. Politisch, wirtschaftlich und kulturell erlebte der Orden im 14. Jahrhundert seine Blütezeit, da das kolonisierte Land dem Orden beträchtliche Einkünfte ermöglichte, der Orden sich am überregionalen Handel beteiligte, über ein Monopol im Bernsteinhandel verfügte und zahlreiche Handwerksbetriebe unterhielt. Demgegenüber waren die Kosten der Kämpfe wie geringer als die der anderen Orden, da die Fronten gewissermaßen vor der eigenen Haustür und nicht im weit entfernten Orient lagen. Nach der Niederlage 1410 gegen die Polen bei Tannenberg ging es bergab, innere Zwistigkeiten folgten, die preußischen Stände wandten sich vom Orden ab und huldigten einem anderen Landesherrn, 1466 verlor der Orden gegen ein polnisch-litauisches Heer. 1525 schloss sich Hochmeister Albrecht der Reformation an und wandelte den Ordensstaat in ein weltliches Fürstentum unter polnischer Lehnshoheit um. Martin Luther hatte ihm die Auflösung des Ordens angeraten. Zu jenem Zeitpunkt verfügte der Orden nur noch über 56 Ritter in Ostpreußen.

 

Der Orden selbst bestand aber weiter und nahm als katholischer Ritterorden seinen Sitz in Mergentheim an der Tauber, einer traditionsreichen Niederlassung. Überhaupt sah es für den Deutschen Orden in Reich so schlecht nicht aus: in Franken verfügte er über 169 Ritter und 99 Priester. Die Reformation beschränkte allerdings den Orden im Wesentlichen auf die katholischen Gebiete in Süddeutschland einschließlich des Elsass. Kein Wunder, dass er immer enger mit dem Hause Habsburg kooperierte. Ein Habsburger oder ein naher Verwandter derselben stand fort an als Hoch- und Deutschmeister an der Spitze.

 

1809 hob Napoleon den Deutschen Orden in seinem Machtbereich – dem Rheinbund – auf. Mergentheim fiel am Württemberg. Dort ist heute im früheren Deutschordensschloss ein Museum untergebracht. In den deutschen Landen war der Orden nur noch im Kaisertum Österreich präsent. Was geschah nach dem Sturz der Monarchie? Der Orden bestand noch im Österreich, der Tschechoslowakei, Südtirol und dem nördlichen Jugoslawien. Da er in diesen Nachfolgestaaten als Hausorden der Habsburger angesehen wurde (nicht zu Unrecht) drohte ihm die Einziehung seines Eigentums als vermeintliches Habsburger-Vermögen. 1929 erhielt er eine neue Regel als geistlicher Orden, dem Laien (Familiaren) als Unterstützer der karitativen Aufgaben angehörten. Hitlers Herrschaft bedeutete das Ende. Die Nationalsozialisten verboten ihn in ihrem Herrschaftsbereich, also 1938 in Österreich, 1939 im „Protektorat“. In Südtirol beeinträchtigten die Faschisten, bekanntermaßen antideutsch ausgerichtet, seine Arbeit.

 

Der Sitz ist nach wie vor in Wien. In der Bundesrepublik existiert der Orden seit Kriegsende wieder. 

 

Die Literatur über ihn ist sehr umfangreich. Eine Schriftenreihe mit 65 Bänden dokumentiert auf wissenschaftlichem Niveau die Orte und Regionen, wo er wirkte: Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens, hrsg. unter der Patronanz des Deutschen Ordens. 

 

 

Literatur

 

Hartmut Boockmann: Der Deutsche Orden. 12 Kapitel aus seiner Geschichte, München 2012. 

Jürgen Sarnowsky: Der Deutsche Orden. 2. durchgesehene Aufl., München 2012.

Uwe Ziegler: Kreuz und Schwert. Die Geschichte des Deutschen Ordens. Köln 2003. 

 

 

 

Stefan Winckler

Der Deutsche Orden als Thema im Internet

 

Über den  Deutschen Orden liegt eine sehr umfangreiche quellengestützte Literatur vor. Gerade auch in den vergangenen Jahrzehnten sind immer wieder Gesamtdarstellungen über den deutschen Orden, vor allem über seine Blütezeit erschienen. So z.B. in zweiter Auflage die Überblicksdarstellung  von Jürgen Sarnowsky: Der Deutsche Orden, C.H. Beck, 2012. Der Autor ist Professor für Geschichte mit den Schwerpunkten Hanse und Geistliche Ritterorden an der Universität Hamburg. Bereits in der fünften Auflage liegt vor: Hartmut Boockmann: Der Deutsche Orden. 12 Kapitel aus seiner Geschichte. München: C.H. Beck, 2012.

Wer Beschreibungen einzelner Komtureien und Standorte sucht oder spezielle Fragen beantwortet sehen möchte, sei verwiesen auf: Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens, eine Schriftenreihe in (derzeit) 65 Bänden, die seit 1967 unter der Patronanz des Deutschen Ordens herausgegeben wird und in den Universitätsbibliotheken aufzufinden ist. Denn es handelt sich hierbei grösstenteils um Dissertationen oder Monografien auf hohem wissenschaftlichem Niveau). Weitere Literatur zur Ordensgeschichte, wenn auch nicht auf dem neuesten Stand, ist aufgelistet unter: www.deutscher-orden.de/all-geschichte-literatur.php (zuletzt abgerufen am 16.2.2014). Die Homepage des Deutschen Ordens gibt Aufschluss über Selbstverständnis und Tätigkeit dieses Ordens. Das Deutschordenszentralarchiv befindet sich in A-1010 Wien, Singerstr. 7, Stiege III.

Wer sich über die grundlegenden geschichtlichen Abläufe, die Geografie, die Ordensregel und -statuten informieren möchte, findet unter www.ordensstaat.de (zuletzt abgerufen am 17.2.2014) eine Fülle von Informationen, die über einen ersten Einstieg in das Thema hinausgehen. Ordenshierarchie, Wirtschaft und Verkehrswesen und Aufbau des Ordensstaates gehören ebenfalls hinzu.  

Wo finden wir Informationen über den heutigen Zustand der zahlreichen Ordensburgen im ehemaligen Kernland des Ritterordens? www.ordensland.de (zuletzt abgerufen am 16.2.2014) bietet v.a. vorzügliche Bilder von den Standorten des Deutschen Ordens in West- und Ostpreußen, daneben jeweils eine knappe Geschichtsdarstellung und verschiedene Verweise auf weitere Internetangebote. Die Marienburg ist mit 14 Fotos aus unterschiedlichen Perspektiven von außen wiedergegeben. Innenaufnahmen der einstigen Hochmeisterresidenz sind veröffentlicht unter: www.zamek.malbork.pl (zuletzt abgerufen am 16.2.2014), mit ausführlichen Erklärungen auch in deutscher Sprache, außerdem informiert diese Internet-Adresse über die Geschichte, Ausstellungen, Tagungen und Ritterspiele an der Nogat. www.ordensland.de zeigt darüber hinaus die Burgen, Dome und (wenigen) Ruinen in 30 weiteren Städten – eben nicht nur die größeren wie Danzig und Königsberg, sondern auch Rehden und Marienwerder, nebst knappen, aber fürs erste ausreichenden Erklärungen. Eingefügte Landkarten erleichtern die Orientierung. Der Reiz der Landschaft zwischen Weichsel und Memel, gerade auch Masurens, ist perfekt wiedergegeben. Besonders ist zu begrüßen, dass die Leistungen der Polen beim Wiederaufbau durch eine sorgfältige Bildauswahl gewürdigt werden. Damit dient die Seite der Verbindung zwischen Völkern und Regionen. 

 

 

 

Stefan Winckler 

Offene Fragen der Templerforschung

 

Fast unübersehbar ist die wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Literatur über die Tempelritter des Mittelalters. Spekulationen über das Weiterbestehen des Ordens nach 1312 sind Legion, ebenso die gegenwärtigen Versuche, ihn für esoterische Zwecke zu missbrauchen.

 

Tatsächlich aber gibt es für die seriöse Templerforschung genügend offene Fragen, zu denen sich die Recherche lohnt:

 

Ø  Was wurde aus dem Templerzentralarchiv? Dieser Frage geht der Historiker Rudolf Hiestand eingehend nach: „Nirgends ist bis heute ein großer Bestand an Besitzurkunden zum Vorschein gekommen, die sich auf den Besitz des Ordens im östlichen Mittelmeer beziehen und aus dem Templerzentralarchiv stammen könnten“. Nur zwei Besitzurkunden aus dem Heiligen Land seien bekannt, beide sind vergleichsweise älteren Datums (1152 und 1166). Führt ein Weg zum Templerzentralarchiv über die Johanniter, an die der Besitz der Templer außerhalb Portugals und Spaniens nach 1312 gefallen war? So viel sich aus den europäischen Beständen der Johanniter über die abendländischen Templergüter rekonstruieren ließe, so wenig Aussagekraft hätten sie über den Orient. Urkunden, die in Paris lagern, entstammten dem Provinzialarchiv der französischen Templer, nicht dem Zentralarchiv. Die Geschichtswissenschaft unternahm zahlreiche Erklärungsversuche: „Entweder nahm man an, das Archiv seit 1291 verlorengegangen, oder man behauptete, der letzte Großmeister habe es bei seiner Reise an die Kurie im Jahre 1306 mit dem Ordensschatz mitgenommen. Als der unglückliche Ausgang des Prozesses sich dann abzeichnete, sei es, wie die einen meinen, an einem geheimen Ort versteckt, nach anderen von den Templern selbst vernichtet oder gar von Philipp dem Schönen Jacques de Molay ins Feuer nachgeworfen worden. Als dritte Möglichkeit wurde erwogen, dass das Archiv während oder nach Abschluss des Prozesses ins französische Kronarchiv oder in die wegen ihrer Unzugänglichkeit lange Zeit kühnste Erwartungen weckenden päpstliche Archive gekommen sei. Es gilt aber vorwegzunehmen, dass diese letzteren Vermutungen nach über hundert Jahren intensiver Forschungen nicht die geringste Erhärtung gefunden haben“. Hiestand mutmaßt, „einmal wäre doch sehr ernsthaft mit der Möglichkeit zu rechnen, dass die Templer anders als die Johanniter im Jahre 1291 ihr syrisches Archiv bei der Eroberung von Akkon einbüßten. Sie verteidigten bekanntlich ihr am Meer gelegenes Schloss noch zehn Tage über den Fall der Stadt hinaus, und nur einen kleinen Teil der Brüder unter der Führung des künftigen Meisters Theobald Gaudin gelang die Flucht zuerst nach Sidon, dann nach Zypern“. Dafür gäbe es aber keinen sicheren Beleg, räumt er ein. Hiestand vermutet, das Templerarchiv sei nach Zypern evakuiert worden, wo es zusammen mit dem Johanniterarchiv und anderen Beständen unterging (vgl.: Rudolf Hiestand: Das Problem des Templerzentralarchivs. In: Archivalische Zeitschrift, Bd. 76 (1980), S. 17-38: online unter: www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a049309.pdf). Der renommierte Mediätivist Malcolm Barber schließt sich dieser These an und präzisiert, bei der osmanischen Eroberung Zyperns sei es von den neuen Herren der Insel zerstört worden (M.B.: Die Templer. München 2005, S. 277). Aber, so frage ich, könnte es nicht vielmehr von dort in türkische oder arabische Archive gelangt sein? Was spricht dagegen?

 

Ø  Rätselhaft erscheint die Reise des Generalvisitators Hugo von Pairaud von Paris aus zuerst in das nahe gelegene England 1303, anschließend in das recht weit entfernte Königreich Böhmen 1304. Ging es wirklich nur darum, einmal „nach dem Rechten“ zu sehen, und zwei Provinzen die Ehre zu erweisen? Sicher, in England gab es viele Niederlassungen, und Tempelritter nahmen dort die eine oder andere gute Stelle in der königlichen Finanzverwaltung ein. Auch Böhmen-Mähren war aufstrebend. Oder ging es um weit mehr, einen neuen Kreuzzug vielleicht, auf den Großmeister Jacques de Molay drängte? Waren wichtige Vermögensangelegenheiten im Zuge einer eventuellen Neuordnung des Ordens in Angriff zu nehmen? Schickte Jacques de Molay seinen möglicherweise „unbequemen“ zweiten Mann auf zeitaufwendige Reisen, um ihn los zu sein? Jedenfalls fand auf Burg Eichhorn in der Nähe von Brünn ein Provinzialkapitel statt, das neben Mährern, Böhmen, Niederösterreichern auch Schlesier und Polen zusammenbrachte (vgl.: Ferdinand Wilcke: Die Geschichte des Ordens der Tempelherren, Halle 1860, S. 334).

 

Ø  Grabplatten in Kreuzgängen und Kirchen sind uns ein vertrauter Anblick. Das Grab eines Tempelritters ist dem Verfasser hingegen niemals aufgefallen. Da aber a, 1. Juli 1311 in Mainz die Unschuld der deutschen Templer festgestellt wurde, stünde jedenfalls dort einem ehrenvollen Grab des örtlichen Komturs (Graf Friedrich) und seiner Ritter wohl nichts im Wege. Es war ja gerade der Mainzer Erzbischof Peter von Aspelt, der wenig von der Templerverfolgung hielt, ja vielmehr das günstige Urteil für den Orden gefällt hatte! Bekanntlich hatte auch das Konzil zu Vienne die Templer nicht verurteilt, sondern den Orden unter großen Bedenken aufgehoben. Da die Templer in Portugal, von jeher dem König verbunden, freigesprochen wurden, müssten in den alten Niederlassungen einige gekennzeichnete Templergräber sein. Gleiches dürfte für Spanien gelten. 

 

 

 

Stefan Winckler

Die Absolution führender Tempelritter in Chinon, 17.-20.August 1308

 

 Forschungs- und Materiallage

 

Der Untergang des Templerordens ist in Monografien (1), Aufsätzen (2) und innerhalb der seriösen Gesamtdarstellungen zwar präzise beschrieben worden – sogar ein Roman (4) zu diesem Thema ist 2005 neu aufgelegt worden. Die umfangreiche Literatur kann sich auf eine Quellenedition  - nämlich die Verhörprotokolle des französischen Templerprozesses (5) – stützen.

2001 fand die italienische Historikerin Barbara Frale eine originale Papsturkunde aus dem Jahr 1308, die sich insgesamt in einem guten äußeren Zustand befand, abgesehen von einer Beschädigung durch Bakterien in den oberen Ecken. Aussage: Die führenden Templer erhalten die Absolution, sie sind also freigesprochen. Im Jahre 1800 verschleppten französische Truppen die Urkunde nach Paris. Bei seiner Rückführung nach 1840 ging das Pergament entweder verloren oder es wurde mit Absicht versteckt, dass es zwischenzeitlich als verschollen angesehen wurde. Vor seinem Verschwinden aber war das Dokument mehrfach editiert worden, beispielsweise in dem zweibändigen Werk Vitae Paparum Avenionesis des Kirchenhistorikers Etienne Baluze aus dem Jahre 1693 (6), so dass sein Inhalt der Fachwelt durchaus zur Verfügung stand. Ausführlich, doch nicht ausschließlich ging Frale in einem Aufsatz für das Journal of Medieval History im Rahmen des Themas „Untergang des Tempelritterordens“ auf diese Urkunde ein (7). Jener Fund ist seitdem nicht nur ub wissenschaftlichen Untersuchungen (wie etwa Demurgers Molay-Biografie) verstärkt berücksichtigt, sondern zog seine Kreise auch in die Sphäre der Massenkommunikation (ZDF, Tagesspiegel vom 14.5.2006).

Dem Ereignis, das die Urkunde wiedergibt, war unmittelbar zuvor ein feierlicher päpstlicher Erlass namens „Faciens misericordiam“ (8) vom August 1306 vorausgegangen. Mit dieser Bulle zog Papst Clemens die inquisitorischen Untersuchungen gegen die Templer an sich: genauer: an die päpstlichen Beauftragten. In ihr werden die Kardinäle Berengarius, Stephanus (Etinne) und Landulf (Landolfo) (9)

Beauftragt, Schuld und Unschuld maßgeblicher Tempelritter zu untersuchen.

Eben dieses Verfahren fand zwischen dem 17. Und dem 20. August in Chinon statt, bezeichnenderweise in Anwesenheit des französischen Kanzlers Philipp Nogaret sowie Guillaume de Plasians und des Gefängniswärters Jean de Jamville (10), ohne dass deren Mitwirken in der vorliegenden Urkunde vermerkt ist. In der königlichen Festung von Chinon waren die angeklagten Templer eingekerkert. Der Papst selbst zog es vor, in Poitiers das Ergebnis der Untersuchung abzuwarten. Mit anderen Worten: Er vermied das Treffen mit Jacques de Molay, um das der Templergroßmeister gebeten hatte.

 

Inhalt der Urkunde

 

Die Kernaussage des Dokuments lautet: Die Kardinäle Berengarius, Stephan, (Etienne de Suisy) und Landulf (Landolfo Brancacci) als Beauftragte Papst Clemens V. erteilen den anwesenden Repräsentanten der Templer die Absolution. Damit sind die angeklagten Ordensritter wieder in die Gemeinschaft der Gläubigen aufgenommen und dürfen die Sakramente empfangen.

Bei den Repräsentanten der Templer handelte es sich um Großmeister Jacques de Molay (11), um den Präzeptor (12) in Übersee (Zypern) Raymbaud de Caron (13), den Präzeptor der in Frankreich ansässigen Templer Hugues de Perraud (14), den Präzeptor in Aquitanien und Poitou, Geoffroy de Gonneville (15) sowie Geoffrey de Charny (16) als Präzeptor für die Normandie. All diese Ordensprovinzen befanden sich im Machtbereich der französischen Krone.

Vorausgegangen waren Verhöre, es heißt es, ohne Anwendung der Folter. Die Angeklagten bekräftigten den Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen mit einem Eid auf die Evangelien. Sie bereuten sämtliche „Irrlehren“ und baten um die Absolution.

Gefragt wurden die Templer, die aus königlicher Haft vor diese geistliche Gerichtsbarkeit gezerrt wurden, nach Homosexualität, Initiationsriten (Spucken auf das Kruzifix), Götzenverehrung, also nach den wichtigsten Anklagepunkten.  Es soll abseits des eigentlichen Rezipierungsritus, also „inoffiziell“, zum Verleugnen Christo „mit Worten, nicht aus Überzeugung“ gekommen sein. Als Grund dafür kann eine Gehorsamsprobe angegeben werden, oder der Versuch, durch ein solches „Geheimnis“ die Neulinge enger an die Ordensbrüder zu binden.

Fälle von Götzenverehrung, obszöne Küsse und Homosexualität waren den angeklagten Repräsentanten des alten Ordens hingegen unbekannt. Ausnahme: Hugues de Perraud bekannte sich zu allen Anklagepunkten außer zur Sodomie, was möglicherweise der Erinnerung an die Folter und die gegenwärtige Anwesenheit diverser weltlicher Vertreter geschuldet war.

Das günstige Urteil der geistlichen Obrigkeit beeinflusste die weltliche Obrigkeit nicht weiter, die Tempelritter blieben im Kerker. Eher wurde das königliche Vorgehen verzögert, denn es durchkreuzte zunächst einmal Philipps Absichten. Das Konzil von Vienne hob den Tempelritterorden erst 1312 auf. Im Übrigen drohte Philipp mit den sehr nahe von Vienne zusammengezogenen Truppen, damit sich das Konzil auf jeden Fall gegen die Templer entscheide. 

Aufbau der Urkunde  

 

Mittelalterliche Urkunden, v.a. päpstliche Dokumente, waren stets nach einem bestimmten Schema aufgebaut. Dies gilt auch für die vorliegende Bulle.

Sie beginnt mit der Invocatio, der Anrufung Gottes („In Die nomine amen“), setzt sich for mit der Intitulatio: Name und Titel des Ausstellers (Beregarius, Titularerzbischof von Nereo und Achilleo;  Stephan, Titularerzbischof von Sankt Ciriaci in Termis; Kardinaldiakon Landulf mit dem Titel St. Angelus), gefolgt von der Inscriptio: Nennung des Empfängers: „die Öffentlichkeit“ und der Promulgatio oder Publicatio: Verkündigungsformel, „Notum facimus“: „Wir machen bekannt“. In der Narratio werden im Anschluss die tatsächlichen oder vorgeblichen Umstände genannt, die die Ausfertigung der Urkunde veranlasst haben: nachdem Papst Clemens die Untersuchung gegen die Templer nach der Anzeige des Königs und der Stände eingeleitet hatte, und diese Ordensbrüder „öffentlich verleumdet worden sind“ („quibus sunt publice diffamati“), will der Papst nun die „reine, volle und ganze Wahrheit über die Würdenträger des ordens kennen“ („scire meram, plenam et integram veritatem“). Dazu beauftragt er „uns“ (die genannten Kardinäle, „mandavit et commissit nobis“), die oben genannten Repräsentanten im Beisein von Zeugen und Notaren zu befragen („adhibitis nobiscum notariis publicis et testibus fidedignis, inquireremus cum diligencia veritatem“). Die Dispositio ist der Ausdruck der Willenserklärung, also hier die Absolution.

Am Ende der Urkunde befindet sich die Datierung: „diese Ereignisse spielten sich im oben angeführten Jahr, Monat, Tag“ zusammen mit der Corroboratio (Angabe der Beglaubigung): Es folgen ausführlich die Namen und Zeichen der Notare, einschließlich ihrer Erklärungen.   

 

Der Verfasser suchte im Text vergeblich nach der Sanctio, d.h. der Androhung einer Strafe bei Zuwiderhandlung. Strafe gegen rückfällige Sünder wäre das eine. Oder dass derjenige mit Strafe bedroht wird, der die Templer, die nun wieder in die Gemeinschaft der Christen aufgenommen worden waren, beleidigt und verfolgt. Dies wäre hochpolitisch gewesen. Und eine solche Kraftprobe wolle Clemens, der vom König abhängig war, auf keinen Fall riskieren. Zwar erscheint der Papst dank der Absolution, die seine Beauftragten verkündeten, in einem milderen Licht, doch seine Tugenden müssen angesichts des tragischen Fortgangs als viel zu wenig entwickelt angesehen werden. 

 

1 Malcolm Barber: The Trial of the Templars. Cambridge 1978. Alain Demurger: Der letzte Templer. Leben und Sterben des Großmeisters Jacques de Molay. München 2004. 

2  Marie Luise Bulst-Thiele: Der Prozess gegen den Templerorden. In: Josef Fleckenstein/Manfred Hellmann (Hrsg.): Die geistlichen Ritterorden Europas (Vorträge und Forschungen XXVI). Sigmaringen 1980, Bd. 1, S. 375-402 Johannes Fried: Wille, Freiwilligkeit und Geständnis um 1300. Zur Beurteilung des letzten Templergroßmeisters Jacques de Molay. In: Historisches Jahrbuch, Jg. 105 (1985), S. 388-425.

3 Malcolm Barber: Die Templer. Geschichte und Mythos. Düsseldorf 2005; Alain Demurger: Die Templer. Aufstieg und Untergang 1120-1314. München 2004.

4 Ernst Sommer: Die Templer. Berlin 1935, Neuauflage 2005.

5 Jules Michelet: Le proces des templiers, 2 Bd., Paris 1841-51, Neuauflage Paris 1987.

6 Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Chinon_Parchment. In Kenntnis des Inhalts konnte insbesondere Barber auch kompetent über das Verfahren in Chinon schreiben.

7 Barbara Frale: The Chinon Part. Papal Absolution on the last Templar Master Jacques de Molay. In: Journal of Medieval History, Jg. 30 (2004), S. 109-134.  

8 Ferdinand Wilcke: Geschichte des Ordens der Tempelherren. Wiesbaden 2006 (Neuauflage von 1860), S. 682.

9 Berengar Fredol und Etienne de Suisy waren Franzosen und standen König Philipp nahe. So genoss Etienne, nicht lange zuvor erst zum Kardinal ernannt, eine jährliche Pension tausend livres tournois aus Philipps Kasse. So sind Zweifel angebracht, ob es sich bei Berengar und Etienne um objektive Untersuchungsrichter handelte. Bei Landolfo Brancacci handelte es sich um einen Italiener (vgl. Barber: Trial oft he Templars, S. S. 111)

10 Vgl. Barber, Trial, S. 111. Nogarets und de Plasiants Anwesenheit könnte als Druckmittel gegen die Templer gedient haben. Es wäre interessant zu wissen, ob es zwischen dem 14.8. (Ankunft der Kardinäle) und dem Beginn der Verhöre (17.) geheime Absprachen zwischen Nogaret/Guillaume de Plasians und den Kardinälen oder zumindest Versuche von staatlicher Einflussnahme, vielleicht sogar einer massiven „Beeinflussung“ gab. Kurzbiografien von Nogaret und Guillaume de Plasians sind im Internationalen Templer-Lexikon nachlesbar, S. 225 und S. 251. 

11 Jacques de Molay erklärte laut dieser Quelle, er sei ungefähr 42 Jahre zuvor rezipiert worden.

12 Was ist ein Präzeptor? Der Begriff kann Lehrer, d.h. Ausbilder bedeuten, bezeichnete nicht selten aber auch den Meister einer Ordensprovinz. 

13 Seinen Angaben zufolge in dieser Quelle war er 40 Jahre zuvor rezipiert worden.

14 Nach eigenen Angaben lt. Dokument von Chinon 46 Jahre zuvor rezipiert, „gestand“ er, der Ende des 13. Jahrhunderts als Meister der Ordensprovinz Frankreich, dann als Generalvisitator und zuletzt wieder als Meister genannt wird, nach schwerer Folter 1307 die Anklagepunkte gegenüber den königlichen Anklägern. Vor der päpstlichen „Achterkommission“ in Paris wiederholte Hugo zwar seine Aussagen, erklärte aber, gegenüber dem Papst ausführlich auszusagen, um die Vorwürfe über unmoralische Bräuche zu entkräften. Er starb im Gefängnis (vgl. Internationales Templerlexikon, S. 238). Unter den Angeklagten war er die umstrittenste Person. Er unterstützte Philipp gegen Papst Bonifaz, Philipp dankte ihm dafür mit Privilegien (vgl. Demurger: Der letzte Templer, S. 232f.). Hatten diese guten Beziehungen zu den Aussagen Hugos gegen den Orden geführt?

15 Ungefähr 1280 rezipiert (lt. Dokument von Chinon), starb im Gefängnis (vgl. Barber: Trial).

16 Um 1250 geboren, 1270 rezipiert (Vgl. Internationales Templer-Lexikon, S. 97), am 18.3.1314 zusammen mit Jacques de Molay wegen Widerrufs hingerichtet.  

 

 

 

Stefan Winckler 

Protokolle der Templerverfolgung auf den britischen Inseln veröffentlicht

 

Über den Untergang des historischen Tempelritterordens sind viele Bücher und Aufsätze verfasst worden. Was Quellen aus jener Zeit angeht: Seit 160 Jahren liegen die Protokolle des Prozesses gegen die französischen Tempelritter gedruckt vor. Seit kurzem kann die Öffentlichkeit die Niederschriften des Prozesses gegen die englischen Templer aus den Jahren 1307 bis 1312 nachlesen. Diese sind für die Templerforschung von Relevanz, da der mittelalterliche Orden zum einen über viele Standorte in England verfügte und zum anderen Einfluss auf den Staat nehmen konnte - hochrangige Templer wirkten an der königlichen Finanzverwaltung mit, Könige fühlten sich den Templern verbunden: allen voran Richard Löwenherz. 

In England zeigte sich, was außerhalb Frankreichs überall festgestellt wurde: Die Templer waren im Wesentlichen unschuldig. Im Gegensatz zu Frankreich kamen die Festgenommenen rasch wieder frei, die Folter wurde selten angewandt, und fast alle Angeklagten wurden freigesprochen. Noch eindeutiger erwies sich die Unschuld der Templer in Irland. 

Die Forschungsarbeiten wurden von der renommierten britischen Historikern Helen Nicholson von der Universität Cardiff geleitet. Das Werk besteht aus dem originalen lateinischen Wortlaut (Bd. 1) und der englischen Übersetzung (Bd. 2), einer Einführung in das Thema und ein Anmerkungsapparat. Die Edition erhielt hervorragende Kritiken. 

 

Helen Nicholson (Hrsg.): 

The Proceedings against the Templars in the British Isles. Vol I + 2. Farnham: Ashgate Publishing 2011, ISBN 978-0-7546-5394-3

 

 

 

Stefan Winckler

Templergeschichte: Vor 700 Jahren: Jacques de Molay wird Opfer eines Justizmordes

 

„Jacques de Molay, endlich bist Du gerächt!“, schrie ein unbekannter Mann, packte den blutriefenden Kopf des unmittelbar zuvor enthaupteten Königs Ludwig XVI. und schwenkte ihn triumphierend vor einer riesigen Menschenmenge. So jedenfalls soll es sich 1793 auf dem Place de la Concorde in Paris zugetragen haben. Wer aber war Jacques de Molay, an dessen 700. Todestag am 18. März wir erinnern wollen?

 

Der Name ist in bildungsbürgerlichen Kreisen – so können wir annehmen – recht gut bekannt. Ja, die Templer gingen unter, er wurde verbrannt, klar, das steht im Lexikon, in Sachbüchern und unter wikipedia, auch Fernsehdokumentationen über das „Ende“, das „Geheimnis“ oder den Mythos der Tempelritter gehen auf  ihn ein. Aber: Die wissenschaftliche Literatur über die Auslöschung des Ordens einschließlich der Rolle Jacques de Molays ist zwar umfangreich, doch wissen wir über seine Jahre zuvor wenig, und über die Lebensabschnitte vor seiner Wahl zum Großmeister fast nichts.

 

Giovanni Boccaccio, als Dichter des „Decamerone“ bekannt, verfasste in seinem Werk „De Casibus Virorum Illustrium Libri Novem“ (zu deutsch: Die neun Bücher über die Schicksale berühmter Männer) ein Kapitel über die französischen Templer und ihren letzten Großmeister. Boccaccio, der zu seinem 700. Geburtstag 2013 eine eigene Würdigung als Kritiker der Pervertierungen seiner Zeit und als treuer Christ verdient, schrieb:

 

„Um die Zeit, als ihre [Templer in Frankreich] Tugenden zu Lastern geworden waren, wurde in Burgund Jacobus geboren, von dem ich hier sprechen will. Er stammte aus dem Geschlecht Molay und wurde ein harter und trotziger Jüngling. Da er nach dem französischen Gesetz seinem ältesten Bruder das Erbe überlassen musste, war er arm und hatte sich der Herrschaft des Bruders zu fügen. Um sie abzuschütteln und zu größerem zu kommen, trat er in den Templerorden ein, in dem er sich so gut hielt, dass er bald zum Prior und nach dem Tod des Hochmeisters zum Nachfolger gewählt wurde.  Als er diese würden besaß, begann Fortuna, die so vieler verderben verursacht, sein Leben zu zerstören. Er fiel in Ungnade bei Philipp, dem König der Franzosen, obwohl er ihm gerade einen Sohn aus der taufe gehoben hatte. Einige meinten, die Habgier des Königs, der sich nicht nur gegen den Hochmeister Jacob, sondern gegen den ganzen Templerorden wandte, trage die Schuld [an dieser Stelle beschreibt B. ausführlich, wie die Templer in Frankreich unter Einsatz der Folter verfolgt und auf dem Scheiterhaufen hingerichtet wurden]. Gleichwohl gereichte es ihnen [den Tempelrittern] zum Ruhme, dass sie eher unter Martern sterben wollten, als etwas gegen die Wahrheit zu sagen oder ihren guten Namen mit dem Bekenntnis eines schändlichen Frevels zu bedecken. -

 

Das waren die ersten Pfeile der greulichen Fortuna gegen den abgesetzten Hochmeister Jacobus. Als er von der langen Gefangenschaft schwach geworden war, führte man ihn nach Lyon. Er bekannte dem Papst Clemens einiges aus den ihm gemachten Vorhaltungen. (…) Als man ihm im Beisein zweier päpstlicher Legaten das Urteil über ihn verlas, in dem stand, dass sein Leben und seine Freiheit von der Verdammung des Ordens abhingen, bat er mit einem seiner Ordensbrüder (…) um Stille. Mit fester Stimme erklärten sie beide einmütig, sie hätten sich nur durch die Zureden des Papstes und des Königs zur Aufgabe ihrer Ehre verleiten lassen.   Sie hätten den heiligen Orden, in dem so viele fromme Väter in Ehren gelebt hätten, mit schändlichen Lügen geschmäht und verunehrt. Sie würden so viele Brüder, die für die Wahrheit gestorben wären, betrügen, wenn sie selbst mit dem Leben davon kämen. Daraufhin erging sofort das Urteil. Man verdammte den Orden und hob ihn für immer auf. Jacobus wurde mit dem [Ordensbruder] zur Marter geführt. Dann wurden beide (…) verbrannt. Sie erlitten die Marter in Gegenwart des Königs so unverzagt wie ihre Brüder. So wurde Jacobus, der vorher in seinem Glanz den Neid des großen Königs erregen konnte – wie mein Vater Boccaccio sagte, der damals zufällig als Kaufmann in Paris mit ehrlichem Fleiß sein häusliches Vermögen zu mehren suchte und seine Teilnahme an diesem Ereignis bezeugte - , durch einen grässlichen Schlag der Fortuna zu Asche, viele Unglückliche zum Mitleid bewegend“.

 

Hinzu gefügt werden kann, dass sich der Justizmord an der Nordwestspitze der Ile de la Cite in Paris sehr dicht an der heutigen Brücke Pont Neuf  ereignete. 

 

War nun Jacques de Molay „heroisch nur an seinem letzten Tag gewesen“, wie der Historiker George Lizerand meinte? Das wäre zu einfach, auch wenn der Betrachter Molays fatale Aussagen im Angesicht der Folter in die Überlegungen einbezieht. Molay wurde in der Freigrafschaft Burgund geboren, die zum Heiligen Römischen Reich gehöre, aber frankophon war. Er war ein „Haudegen“ („hart und trotzig“ sei schon der jugendliche Jacobus gewesen, so Boccaccio), der lange Zeit in Palästina gelebt hatte und nach dem Fall der letzten Kreuzfahrer-Bastion Akko immer wieder einen neuen Kreuzzug anmahnte. Für die seinerzeitigen Verhältnisse war der Großmeister ein alter Mann (Jg. 1244 oder 1245), kein Intellektueller, kein Jurist, und daher dem Intrigennetz Philipps IV. und dessen Kanzler Guillaume Nogaret hilflos ausgeliefert. Und eine Ahnung von der Macht der öffentlichen Meinung hatte er am allerwenigsten – im Gegensatz möglicherweise zu Nogaret: Wenn der Leser Ernst Sommers Roman „Die Templer“ (1935) glauben will, führte eine hetzerische Rede Nogarets (der dort als eine Art Mittelalter-Goebbels erscheint) zur Raserei der Massen. Außerdem galt auch seinerzeit der Satz, dass eine führende Person von der Qualität seiner Mitarbeiter abhängig ist. Diesbezüglich mag es manche Schwächen in Bezug auf Zukunftsplanung und Selbstdarstellung des Ordens unter Jacques de Molay und seiner Umgebung gegeben haben. Dies kann aber das Gedenken nicht beeinträchtigen.

 

Alain Demurger: Der letzte Templer. Leben und Sterben des Großmeisters Jacques de Molay.München: C.H. Beck, 2004.

 

George Lizerand: Les depositions du grand maitre Jacques de Molay au proces des templiers (1307-1314). In : Le Moyen Age, Bd.XXVI, 1913, S. 81-106, hier S. 105. 

 

 

 

Stefan Winckler

Templer in Mainz – was erzbischöfliche Urkunden aussagen


 

Der Eklat kam ebenso unerwartet wie heftig. 20 empörte und wohl auch bewaffnete Tempelritter schritten in den Saal, wo der Mainzer Erzbischof Peter von Aspelt den Bischöfen aus Augsburg, Halberstadt, Speyer und Würzburg eine Neufassung kirchenrechtlicher Statuten verkündete. Präzeptor Hugo auf Grumbach (bei Meisenheim) und seine Ordensbrüder protestierten heftig gegen das Verfahren gegen die Templer, das gleichzeitig im Gange war. (1)

 

Dieses Ereignis vom Mai 1310, das in einem Zusammenhang steht mit der zunehmend mutigeren Verteidigung der Templer in Westeuropa, ist in die überregionale Templerliteratur eingegangen (bspw. Demurger: Die Templer. München 1999, S. 255f.) und daher vergleichsweise bekannt – auch wenn die Literatur über die Templer in Deutschland bei weitem schmaler angelegt ist als die Darstellungen über den Deutschen Orden (2), der sich jahrhundertelang entfalten und seine regionalen Spuren ausführlich dokumentieren konnte.

Mehr noch: Komtur Hugo erreichte, dass der Erzbischof drei Maßnahmen versprach: Einsatz für den Orden gegenüber Papst Clemens, das Verlesen einer Verteidigungsschrift und den Beginn einer Untersuchung zur Unschuld der Templer.

Als der Verfasser diese Information in den Regesten der Mainzer Erzbischöfe vorfand, stellte sich ihm die Frage, ob es in der Stadt Mainz selbst (und nicht nur im Erzbistum) eine Templerniederlassung gegeben hatte. Dies schien ihm schon deswegen wahrscheinlich, weil „Aurea Moguntia“, das Goldene Mainz, ein bedeutender Handelsplatz und Kreuzungspunkt wichtiger Straßen am Rhein in der Nähe zum Messeplatz Frankfurt war.

Templer hatten sich bekanntlich oft an den maßgeblichen Handelswegen niedergelassen.

Mainz war in geistlicher und weltlicher Hinsicht von herausragender Bedeutung. Dem Erzbistum (seit 748) Mainz waren außer den naheliegenden Bischofssitzen Worms, Speyer und Straßburg auch die Bistümer Konstanz und Chur, Halberstadt und Hildesheim – und während des Hochmittelalters auch Prag und Olmütz – unterstellt. Der Erzbischof war zugleich Erzkanzler des Reiches.

Andererseits waren die Templer mit ihren 50 Kommenden viel schwächer im Reich vertreten als die Johanniter mit 130 Ordenshäusern oder der Deutsche Orden (150 Niederlassungen). (3) Nur drei Ordenshäuser sind im Erzbistum Mainz nachgewiesen. Eben dort sind die Templer durch ein Schreiben von Papst Honorius III. an den Mainzer Erzbischof Sigfrid II (1200-1230) wohl erstmals erwähnt. Inhalt: Sigfrid und seine Suffraganen (d.h. die ihm unterstellten Bischöfe) „sowie die meister  der templer und johanniter in der mainzer kirchenprovinz“, ferner Dekan und Erzdiakon von Mainz werden ermahnt, „den zwanzigsten von allen gewissen und gewissen einkünften während dreier jahre“ zu erheben, der für das heilige Land in der schwierigen Situation nach der Eroberung Jerusalems vorgesehen ist (21. November 1216). (4)

Aus einer Urkunde über einen Gütertausch von 1218 geht hervor, dass seinerzeit eine Templerniederlassung in der Stadt Mainz bestand (5). Die dort ansässigen Templer werden in einer weiteren Urkunde von 1226 aufgeführt: Erzbischof Sigfrid schlichtete einen Streit zwischen Templern und dem Kloster Johannisberg (Rheingau) um die Aufnahme von leprakranken in ein Aussätzigenhaus sowie um die Erbfolge.

Als päpstliche Geldboten in Richtung Outremer werden Templer am 4. September 1219 angekündigt: „Papst Honorius III schreibt ihn (Erzbischof Sigfrid) über die Bedürfnisse der Kreuzfahrer und beauftragt ihn, den von Generalconcil verordneten Zehnten von den Clerikern seiner Diözese zu erheben und mit dem sonst für das Heilige Land gesammelten Geld genannten Templerbrüdern zu übergeben, welche er zu diesem zweck nach Deutschland schicke“. (6)

Erst im Jahre 1258 ist erneut von den Templern in den erzbischöflichen Dokumenten die Rede. Der Tempelherrenmeister gehört zu den Unterhändlern, die die Anerkennung König Richard von Cornwalls durch die Stadt Worms erwirken (7). Es war die Zeit des Interregnums.

Sehr viel bedeutender war der Auftrag von Papst Clemens V. vom 12. August 1308 an die Erzbischöfe von Köln, Trier und Magdeburg, an die Bischöfe von Basel und Konstanz sowie an verschiedene geistliche Würdenträger in Westeuropa (von Utrecht bis Mallorca), sich persönlich nach Mainz zu begeben, „dort in den ihnen vom Papst genannten Punkten kraft päpstlicher Vollmacht die Wahrheit über (contra) den Templerorden zu erforschen und das Ergebnis beim Papste schriftlich zu berichten“. So wurde bereits ein Urteil „empfohlen“.

Laut einer weiteren Urkunde vom gleichen Tag befahl Clemens V. dem Erzbischof von Mainz und seinen Suffraganen, mit den zuvor genannten Geistlichen „gegen die in ihren Diözesen lebenden einzelnen Mitglieder des Templerordens betreffend der vom Papst angegebenen Punkte die Wahrheit zu erforschen und nach der Untersuchung die Personen durch ein Provinzialkonzil entweder zu verurteilen oder freizusprechen. Doch sollen sie sich jeder Untersuchung gegen den Orden selbst und den Großmeister des Ordens in Deutschland enthalten“.

Weiter wird die Zusammenarbeit gegen die Templer verfügt: „Clemens V. gibt denselben außer dem Mainzer Erzbischof den gleichen Auftrag für die Stadt, Diözese und Provinz Mainz mit der Zufügung, daß der Erzbischof mit ihnen oder mit einem von ihnen, oder aber selbständig mit seinen Suffraganen vorgehen soll“.

Noch am gleichen Tag übertrug Clemens den Erzbischöfen die „Verwaltung der Güter des Templerordens in Deutschland“.

In einer weiteren Urkunde vom 12. August 1308 fordert Clemens „diejenigen, die bewegliche Güter der Templer in Verwaltung haben, auf, diese den Diözesanbischöfen auszuliefern. Peter soll selbst und durch seine Suffragane die Vorkommnisse veröffentlichen und in der Volkssprache erklären lassen. (8).  

So war Peter von Aspelt zum Untersuchungsrichter ernannt. In dieser Eigenschaft schickt er am 27. September 1309 an den Erzbischof von Bremen und dessen Suffragane ein Schreiben von Papst Clemens vom 2. Januar 1309. Darin befiehlt Clemens allem Patriarchen, Erzbischöfen, Bischöfen und anderen Prälaten, an Sonn- und Feiertagen der Geistlichkeit und dem Volk feierlich zu verkünden, dass er gegen die Begünstiger des Templerordens ein gerichtliches Verfahren einleitet, Sentenzen wider sie erlassen und in der (beigefügten) Bulle vom 30. Dezember 1308 befohlen hat, die Tempelherren gefangen zu nehmen und den Diözesanbischöfen auszuliefern. (9)

Wie wichtig dem Papst der Kampf gegen die Templer war, wird daran deutlich, dass er am 4. April 1310 dem Erzbischof von Mainz samt Suffraganen mitteilte: Er werde das geplante Konzil in Vienne verschieben, da die Untersuchung der Templer noch nicht abgeschlossen sei (10).

Das Konzil hatte der Papst vorgesehen, um dort ein richterliches Urteil über den Orden zu fällen. Dazu bedurfte es Belegen für angebliche Sünden, die sich aber im Heiligen Römischen Reich nicht fanden.

Offensichtlich hatte der Auftritt der Templer vor dem Mainzer Provinzialkonzil (siehe oben) seine Wirkung auf den Erzbischof nicht verfehlt, mit anderen Worten: Peter bemühte sich um eine schonende Behandlung der Templer. Clemens V. schrieb ihm jedenfalls am 23. Dezember 1310, dass die von Peter und seinen Suffraganen verkündeten Urteile nichtig seien. Begründung: Er, Clemens, habe eine Untersuchung gegen einzelne Templer wegen Ketzerei und weiterer Verbrechen angeordnet, Peter und seinen Bischöfen aber zugleich befohlen, sich der gerichtlichen Untersuchung und der Urteilsfällung gegen den (Gesamt-)Orden zu enthalten“ (denn dies stehe alleine dem Papst zu, dem der Orden unterstellt war). Peters „ungehorsames, anmaßendes“ Vorgehen habe „zum großen Schaden des christlichen Glaubens und zum allgemeinen Ärgernis“ geführt (11).

Am 1. Juli 1311 stellte die Untersuchungskommission in Mainz die Unschuld des Ordens fest (12). Sollte dies ein gutes Omen für den Verlauf des Konzils werden, das am 1. Oktober 1311 begann Wenn es nach dem Willen des Papstes ging, keinesfalls. Clemens machte Erzbischof Peter Vorhaltungen, dieser habe „gerade auf dem Provinzialkonzil vieles nicht recht gemacht“ (13). Der große Arbeitsausschuss, den die dreihundertköpfige Vollversammlung wählte, folgte mit Vierfünftelmehrheit dem Votum einer (aus Bischöfen zusammengesetzten) Unterkommission, dem Templerorden ein Recht auf Verteidigung einzuräumen und den Prozess angesichts der Rechtsverstöße in Frankreich neu aufzurollen – zumal mehrere Templer vor dem Konzil erschienen waren. Dennoch folgte die Versammlung am 18. März 1312 der päpstlichen Absicht, den Orden auf dem Verwaltungswege ohne juristisches Verfahren aufzuheben, was schließlich am 3. April 1312 verkündet wurde. Grund: In den vorangegangenen Tagen hatte König Philipp der Schöne mit diplomatischen Mitteln und militärischer Drohgebärde Papst und Kirchenversammlung beeinflusst (14).

Am 2. Mai 1312 verkündet Clemens dem Erzbischof von Mainz und den Bischöfen von Prag und Mähren (Olmütz), „dass er die Güter, die der wegen vieler Schändlichkeiten des Meisters und der Brüder aufgehobene Templerorden im Oktober 1308 besaß, mit Zustimmung des Konzils dem Hospital des hl. Johannes in Jerusalem übertragen hat, und gibt ihnen den Auftrag, dem Meister oder den Prioren oder den Präzeptoren oder den Brüdern des Johanniterordens in ihren Gegenden die Templergüter zuzuweisen (15). So war der Orden insgesamt zerschlagen, auch wenn sich die Übertragung der Templergüter an die Johanniter oft noch lange hinzog.  

Wo war die Kommende in Mainz, wie war sie besetzt? Die Niederlassung (16) befand sich in der unmittelbar südlich angrenzenden Vorstadt Selenhofen, die im 13. Jahrhundert in die Stadtbefestigung einbezogen wurde. Dieses Gelände ist heute vom mächtigen Bau der Ignazkirche (1259 erstmals urkundlich erwähnt) dominiert und von der Kapuzinerstraße, Holzstraße, Templergasse und dem Ignazgässchen abgegrenzt. Außer dem Vorsteher gehörten der Kommende offenbar nur zwei bis drei Tempelritter an, so dass es sich wohl eher um eine Art diplomatische Vertretung beim Mainzer Erzbischof /Reichserzkanzler handelte – so das Mainz-Lexikon. Dem muss hinzu gefügt werden, dass eine wirtschaftliche Bedeutung dennoch vorhanden war, zumal die Ritter üblicherweise Handwerker und andere Bedienstete beschäftigten: Da die Templer auf den Kampf im Heiligen Land ausgerichtet waren, war es üblich, im Abendland eher wenige Ritter zu belassen. Immerhin gehöre zur Niederlassung ein burgartig befestigter Gutshof mit entsprechenden Scheunen und Kellern zum Einlagern der Ernte. Ein Drittel der Einnahmen führten die Templer nach „outremer“, also ins Heilige Land ab. Zu ihren Aufgaben gehörte auch die Beherbergung reisender Ordensbrüder und Pilger.

Er kam mit der Zerschlagung des templerischen Besitzes in Europa 1312 an die Johanniter, die ihn schon 1316 weiterverkauften. Unter der Bezeichnung „Pulverhof“ war er nach 1527 an verschiedene Handwerker vermietet, bis er 1857 endgültig abgerissen wurde. So ist sehr wenig von der alten Bausubstanz geblieben, abgesehen von einer gotischen Bruchstein-Giebelmauer am Rückgebäude der Kapuzinerstraße 52.

 

Was erinnert heute an die Mainzer Tempelritter?

 

Obwohl die Stadt Mainz keine Templergründung war und auch wenig von den Rittern des Herrn geprägt wurde (anders als das Dorf Cejkovice/Mähren) taucht der Name mehrfach in der heutigen Stadttopografie auf: Templerstraße, und Templertor schließen an das beschriebene Areal in Richtung Rhein an. Ein französisches Restaurant mit Namen „Templer“ in der Kapuzinerstr. 29 gegenüber der Ignazkirche bot neben einer gehobenen Küche und einer feinen Weinkarte auch eine Informationstafel mit geschichtlichen Daten über die Templer und eine historisierendem sehr ansprechende Innenausstattung. Weil die Räumlichkeiten zu klein waren, schloss es 2012.

 

1 Regesten der Erzbischöfe von Mainz von 1289-1396, erste Abteilung, erster Band 1289-1328, bearbeitet von Ernst Vogt, Leipzig 1913 (Nachdruck Berlin 1970), S. 233, regest Nr. 1328 A.

Statt Hugo von Salm, Präzeptor der Kommende Grumbach bei Meisenheim wird in einigen Darstellungen – so bei Dinzelbach; Die Templer – sein Bruder Friedrich von Salm, Präzeptor der Ordensprovinz Rheinland als Akteur genannt. Friedrich ist aus einem damit zusammenhängenden Ereignis bekannt, denn er sorgte etwas später mit einer Erklärung im Prozess gegen Jacques de Molay für Aufsehen: Er habe Jacques de Molay über zwölf Jahre in Outremer persönlich als einen guten Christen kennengelernt und si bereit, dies auch angesichts eines rot glühenden Eisens zu bezeugen (vgl. Malcolm Barber, The Trial of the Templars Cambridge 1978, S. 214f).

Welcher Name ist zutreffend? Der Verfasser vertraut der Quelle (Chronist Jakob von Mainz) und neben Barber den meisten anspruchsvollen Darstellungen (z.B. Hans Prutz: Entwicklung und Untergang des Templerordens; Demurger, der vom „Präzeptor von Grumbach schreibt; Internationales Templer-Lexikon) und geht von Hugo als Akteur jenes Ereignisses aus, zumal Hugos Auftritt auch wegen der geographischen Nähe zu Mainz plausibel erscheint.

2 Die Reihe „Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens“ umfasst 61 meist umfangreiche Bände, grösstenteils Lokal- und Regionalstudien.

3 Vgl. Walter G. Rödel: Die Ritterorden. In: Friedrich Jürgensmeier: Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte. Bd. 1. Christliche Antike und Mittelalter, Teil 2. Würzburg 2000, S. 818-829, hier S. 824.    

4 Johann Friedrich Böhmer (Hrsg.): Regesta archipiscorum maguntinesium. Regesten zur Geschichte der Mainzer Erzbischöfe von Bonifatius bis Heinrich II.  742-1288, Bd. 2. Konrad I. bis Heinrich II. Innsbruck 1886 (Neudruck Aalen 1966), S. 164, Regest Nr. 268.

5 Rödel a.a.O., S. 824.

6 Böhmer S. 170, Regest Nr. 313.

7 Ebd., S. 344.

8 Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1289-1328, S. 208f., Regesten Nr. 1195, 1196, 1197, 1198, 1199,  

9 Ebd., S. 227, Regest Nr. 1297.

10 Ebd., S. 231, Nr. 1321.

11 Ebd., S. 244, Nr. 1392.

12 Vgl. Rödel, a.a.O., S. 825.

13 Vgl. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1289-1328, S. 253, Nr. 1440.

14 Vgl. Bernard Guillemain: Kirche und weltliche Gewalt in der römischen Christenheit. In: Die Geschichte des Christentums, Bd. 6: Die Zeit der Zerreißproben (1274-1449). Freiburg 1991, S. 567-609, hier S. 597. Vgl. Karl August Fink: Die Lage nach dem Tod Bonifaz III., Benedikt XI. und Klemens V. (1303-1314). In: Handbuch der Kirchengeschichte, Bd. III/2. Freiburg 1968.

15 Regesten 1289-1328, S. 261, Nr. 1486.

16 Im folgenden beziehe ich mich auf Alois Gerlich: Der Tempelhof zu Mainz. In: Mainzer Almanach, Jg. 1960, S. 159-166. Vgl. Wilhelm Huber: Das Mainz-Lexikon. 3600 Stichwörter zu Stadt, Geschichte, Kultur, Persönlichkeiten. Mainz 2002.   

 

 

 

Stefan Winckler

Tempelritter im Bezirk Rheinhessen-Pfalz: Osthofen und Kirchheim/Weinstraße

 

Tempelritter gründeten im 13. Jahrhundert eine Kommende in dem Dorf Mühlheim, das heute zu Osthofen in Rheinhessen gehört. Der Regionalhistoriker Heinrich Beckenbach datiert den Bau des Kommendehauses auf die Zeit nach 1215 (1). Eine Urkunde weist die Templer erstmals für das Jahr 1269 nach. Seinerzeit hieß der Weiler: Mullen. In Osthofen versahen sie den Gottesdienst auch in der Marienkapelle, die daher auch als „Tempel“ bezeichnet wurde (2). Bischof Eberhard von Worms übertrug den Templern 1272 Eigentum und Verwaltung des benachbarten Zisterzienserinnenklosters. Das heißt, sie waren „für Nahrung und unterhalt der Frauen sowie der außerhalb lebenden Ritter“ verantwortlich. Mit Datum vom 19. Juli 1302 verkaufte Komtur Otto von Alzey mehrere Templergüter in Ober-Flörsheim, die früher von dem Johanniter Johannes von Morsbach erworben worden waren, an die dortigen Deutschordensbrüder (3). Diesen Akt genehmigte der Präzeptor des Templerordens in Alemannien und Slawien, Wildgraf Friedrich von Salm am 1. August jenes Jahres. „Muglen“ wird das Dorf 1302 genannt (4). Nach 1312 ging die Templerniederlassung in den Besitz der Johanniter über. Für 1317 ist Jakobus von Hahnheim als Komtur der Johanniterkommende aufgeführt (5).

Nach den jedenfalls vor 150 Jahren noch teilweise erhaltenen Grundmauern in der heutigen Schleifgasse hatte die Ordensburg eine Länge von 114 Fuß (ein Fuß entspricht etwas weniger als 30 Zentimetern) und eine Breite von 66 Fuß. Etwas weiter westlich ist in ein Bauernhofgebäude eine „starke, aus dicken Quadern errichtete Mauer“ eingefügt, die eigentlich zu mächtig für ein Bauernhaus ist. Könnte es sich dabei um Reste der alten Templerniederlassung handeln? (6)

An den Standort in Osthofen erinnern heute die Templergasse und das Templergässchen nahe der Remigiuskirche auf dem Grund der früheren Marienkapelle im Stadtkern.

Eine weitere templerkommende im Bistum Worms befand sich auf dem Seehof bei Kirchheim an der Weinstraße. Sie wird ab 1282 erwähnt (7). Auch sie fiel nach der Aufhebung des Ordens an die Johanniter.

 

1 Vgl. Heinrich Beckenbach: Aus der Geschichte von Osthofen. In: Mitteilungsblätter zur rheinhessischen Landeskunde, Jg. 111 81954), Heft 10, S. 11.

2  Vgl. Rolf Kilian: Chronik von Osthofen. In: Stadtverwaltung Osthofen (Hrsg,): 1200 Jahre Osthofen. Osthofen 1984.

3 Urkundentext ist abgedruckt in: Arthur Wyss (Hrsg.): Hessisches Urkundenbuch, 1. Abtheilung: Urkundenbuch der Deutschordensballei Hessen, 2. Bd.: 1300-1359. Osnabrück 1965 (nachdruck der Auflage Leipzig 1884, S. 29, Nr. 39.

4 Ebd., S. 29f., Nr. 40.

5 Vgl. Karl Johann Brillmayer : Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart. Gießen 1905, S. 318. Siehe auch: Ferdinand Wilcke: Die Geschichte des Ordens der Tempelherren. Wiesbaden 2006 (neu gesetzte und überarbeitete Ausgabe nach der 2. Auflage 1860).

6 Siehe www.regionalgeschichte.net/rheinhessen/region/orte/o-m/muehlheim.html

7 Vgl. Burkard Keilmann: Das Bistum vom Hochmittelalter bis zur frühen Neuzeit. In: Friedhelm Jürgensmeier (Hrsg.): Das Bistum Worms. Von der Römerzeit bis zur Auflösung 1801 (Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte, Bd. 5). Würzburg 1997, S. 87. 

 

 

 

Stefan Winckler

Eine Templersage aus dem Spessart

 

Frankreich unter Philipp IV.: Königliches Militär verhaftete die Tempelritter. Doch einigen, so eine Sage aus dem Spessart, gelang die Flucht. Der Erzbischof von Mainz gewährte einer kleinen Gruppe Asyl und siedelte sie auf dem Klosterberg im Spessart an, nahe dem heutigen Dorf Hösbach-Rottenberg im Landkreis Aschaffenburg. Dort errichteten sie eine kleine Burg, und suchten die Freundschaft der benachbarten Ritter von Greifenburg. Deren Stammsitz lag auf dem Hügel, der heute Gräfenberg genannt wird, etwa zwei Kilometer weiter südlich. Tempelritter und Greifenburger schlossen einen Beistandspakt. Seinerzeit waren Raubüberfälle häufig geworden. Missernten einerseits und die Kämpfe andererseits führten weite Landstriche in den Ruin. Bei Gefahr sollte eine Glocke geläutet werden, um die jeweils andere Seite um Hilfe zu bitten. Eines nachts, offenbar in höchster Not, ließen die Templer die Glocke ertönen. Doch vergebens! Denn sie waren nicht von Fremden, sondern von ihren eigenen Nachbarn, den Greifenburgern, überfallen worden. Einer der Templer konnte am nächsten Morgen noch schwer verletzt aussagen, wer seine Ordensbrüder ausgeraubt und erschlagen hatte. Diese Worte reichten, um den Erzbischof die Greifenburg schleifen und die Raunmörder hinrichten zu lassen. Die Templerburg verfiel im Laufe der Jahrhunderte.

Was ist an der Sage wahr, was ist Dichtung?  Erzbischof Peter von Aspelt ließ sich 1310 von der Unschuld der Templer überzeugen, als diese, in voller Rüstung, in seine Provinzialsynode marschierten. Peter starb 1325. Er gilt als einer der bedeutendsten Mainzer Kurfürsten. Das Reich insgesamt war in sich zerstritten: Der Habsburger Friedrich der Schöne und der Wittelsbacher Ludwig der Bayern kämpften acht Jahre lang um die Königskrone, denn eigentümlicherweise waren beide fast gleichzeitig zum römisch-deutschen König gekrönt worden.

Erdwälle und Gräben durchziehen unübersehbar die Spitze des Klosterbergs. Der Internetseitewww.historisches-franken.de/index06/rottenberg02.htm zufolge lassen Keramikreste auf Bewohner in der Zeit zwischen 1200 und 1500 schließen. Grabungen im Jahr 2013 ergaben, dass die Burg auf dem Klosterberg sich über einhundert Meter in Ost-West-Richtung erstreckte. Sie war mehr als hundert Jahre vor der Aufhebung des Templerordens errichtet worden (wodurch sich bereits die Überlegung von der Templern als Bauherren als irrig erweist) und war seitdem über 250 Jahre "kontinuierlich besiedelt". Das passt nicht zu den Templern, es sei denn, es hätten sich nach ihnen weitere Ansiedler eingefunden. Entgegen der Erwartungen fanden die Archäologen nur sehr wenige Bauteile. Ein vorgebliches Burgenfundament erwies sich als Fälschung aus dem 19. Jahrhundert. 

Ob es wirklich Tempelritter waren, die sich nach der Zerschlagung des Ordens im Spessart ansiedeln durften, ist nicht nur unbewiesen, sondern kann zurückgewiesen werden. Es fehlt darüber hinaus nahezu jeglicher Beleg, der auf die Templer schließen lassen könnte: üblicherweise sind das Urkunden. 

Die Frage nach einer Flucht französischer Tempelritter nach Osten bleibt unabhängig vom Klosterberg relevant. Eine Antwort der wissenschaftlichen Templerforschung darauf steht aus.

 

Literatur:

 

Adalbert von Herrlein/Johannes Schober: Spessartsagen. Aschaffenburg 1948, S. 75f.

Valentin Pfeifer: Spessartsagen. Aschaffenburg 2007, S. 84f.

www.spessartprojekt.de/forschung/klosterberg/ausgrabungen/index.php

 

 

 

Stefan Winckler

Eine Templersage aus Prag

 

Laut einer Sage ist in der Prager Karlsbrücke ein Templerschatz verborgen. Er soll einen kleinen goldenen Hammer und einen großen Kristall enthalten. Der Hammer sei beim Bau des Turmes von Babel verwendet worden, der Kristall stamme aus der Krone von König Salomon. Wird der Schatz gefunden, bedeutet dies das Ende der Welt.  

Der Tempelritterorden ist seit 1231 in Prag urkundlich nachgewiesen. Doch erst 45 Jahre, nachdem Papst Clemens V. den Orden aufgehoben hatte, begann Peter Parler den Bau der Karlsbrücke, die den Namen Karls IV. trägt. Handwerkszeug aus dem Orient mag in der Fama zunehmend edler erschienen (da offenbar von hohem ideellen Wert) und schließlich vom „orientalischen“ zum „babylonischen Hammer“ mutiert sein. Ein edler Stein wurde offenbar nicht nur dem einstigen Tempel Salomons, sondern dem antiken König selbst zugerechnet.  Es stellen sich auch hier Fragen, die über den geografischen Ort der Sage hinausreichen: Welche Güter brachten die Templer tatsächlich aus dem Morgenland nach Europa? Was wollten sie geheim halten (offenbar so geheim, dass sie die Apokalypse in Aussicht stellten)? Welche Gerüchte waren über die Templer und ihren Besitz oder ihr Wissen im Umlauf?

 

Literatur

 

Jan Kaplan (u.a.): Prag 1900-2000. Hundert Jahre einer hunderttürmigen Stadt. Prag 1999, S. 15. 

 

 

 

Stefan Winckler

Die Kreuzfahreroper „Jerusalem“ von Giuseppe Verdi

 

 

Nein, sie gehört nicht zu den meistgespielten oder auch nur bekanntesten Opern Giuseppe Verdis. Ob sie an die besten heranreicht, kann bezweifelt werden, denn der Meister aus dem Herzogtum Parma hatte seine meistbewunderten Werke noch vor sich, während „Jerusalem“ eher in die frühe Schaffensperiode Verdis fällt und heute kaum noch aufgeführt wird. Das Werk ist eine Bearbeitung seines Musikdramas „I Lombardi alla prima Crociata“ („Die Lombarden auf dem ersten Kreuzzug“, 1843) und wurde 1847 in Paris in französischer Sprache uraufgeführt. „Jerusalem“ ist die erste französische Grand Opera Verdis, der 1855 die „Sizilianische Vesper“, ein weiteres Personendrama vor historischem Hintergrund folgte. „Jerusalem“ stammt damit aus der gleichen Zeit wie „Macbeth“ und ist jünger als der bekannte „Nabucco“. Allerdings hatte Giacomo Meyerbeer bereits 1824 einen Johanniterritter und seinen Großmeister als Hauptpersonen seiner Oper „Il Crociato in Egitto“ (Der Kreuzritter in Ägypten“) gestaltet.

 

Verdis Libretto beruht nicht auf einer Vorlage, die den Anspruch auf „Weltliteratur“ erheben darf. Bezeichnenderweise vertont Verdi ja die großen Stoffe wie „Othello“ und „Die lustigen Weiber von Windsor“ sowie die „Jungfrau von Orleans“ (Giovanna d’Arco“), „Don Carlos“, „Kabale und Liebe“ (als „Luisa Miller“) und „Die Räuber“ („I Masnadieri“) von Friedrich Schiller. Die Librettisten von „Jerusalem“, Alphonse Royer und Gustave Vaez, können dagegen so gut wie keinen Bekanntheitsgrad für sich beanspruchen. Aber dieses Werk – wenn es auch kein Klassiker ist – behandelt eine Geschichte in vier Akten, die im Zusammenhang mit den Kreuzrittern und dem historischen Templerorden ihren Reiz hat: Der Aufruf  des Papstes Urban II. im Jahre 1095, anstatt selbstsüchtiger Streitigkeiten hierzulande als Ritter des Herrn das Heilige Land wieder unter christliche Herrschaft zu bringen, wirkt friedensstiftend im Süden Frankreichs (stellvertretend für das Abendland): Der Graf von Toulouse (eine historisch verbürgte Figur) verheiratet seine Tochter Helene mit seinem bislang grössten Feind, Gaston (auch ihn  hat es tatsächlich gegeben), was auch den Gefühlen der Brautleuten entspricht. Doch Helene wird von ihrem eigenen Onkel, Roger, begehrt, der einen Mörder anheuert, um Gaston zu töten. Jener aber verwundet versehentlich den Grafen, was wiederum den Verdacht auf Gaston fallen lässt. Diesem bleibt nur die Flucht nach Outremer, nach Palästina also, wo auch der wieder genesene Graf von Toulouse als Anführer des Kreuzfahrerheeres sowie der reuige Sünder Roger, nunmehr Eremit mit dem Ruf eines Heiligen, erscheint. Auch Adhemar (ebenfalls eine historisch verbürgte Person), der als Legat dem Grafen den päpstlichen Aufruf zum Kreuzzug übermittelt hatte, ist als geistlicher Anführer der Kreuzritter wieder präsent. Die Kreuzfahrer erobern zunächst die Stadt Ramla, wo sie Gaston aus der Kriegsgefangenschaft des Emirs in ihre Gewalt bekommen und zu Tode verurteilen. Der beim Angriff tödlich verwundete Roger entlastet jedoch im Sterben Gaston, der schließlich an der Spitze des Kreuzfahrerheeres seinen beitrag zur Eroberung Jerusalems leistet und somit Rogers letzten Wunsch erfüllt.

 

Unter google.videos (Suchbegriff: Verdi, Jerusalem) ist eine Aufführung der Oper im Teatro Carlo Felice in Venedig aus dem  Jahre  2002 zu finden, sowie ein Opernquerschnitt aus der Wiener Staatsoper von 1995 (italienisch mit deutschen Untertiteln; u.a. mit Jose Carreras und Samuel Ramey). In beiden ist die Ausstattung werkgetreu, d.h. die prächtigen Kostüme sind an unsere Vorstellung des Mittelalters angelehnt.

 

Auch DVD- und CD-Einspielungen sind unter amazon.de leicht zu entdecken.

 

Die Musik entspricht dem, was ein Bildungsbürger von einer italienischen Oper erwartet – große Kunst, aber nicht Verdis künstlerischer Zenit. 

 

 

 

Stefan Winckler

Protokolle der Templerverfolgung auf den britischen Inseln veröffentlicht

 

Über den Untergang des historischen Tempelritterordens sind viele Bücher und Aufsätze verfasst worden. Was Quellen aus jener Zeit angeht: Seit 160 Jahren liegen die Protokolle des Prozesses gegen die französischen Tempelritter gedruckt vor. Seit kurzem kann die Öffentlichkeit die Niederschriften des Prozesses gegen die englischen Templer  aus den Jahren 1307 bis 1312 nachlesen. Diese sind für die Templerforschung von Relevanz, da der mittelalterliche Orden zum einen über viele Standorte in England verfügte und zum anderen Einfluss auf den Staat nehmen konnte – hochrangige Templer wirkten an der königliche Finanzverwaltung mit, Könige fühlten sich den Templern verbunden: allen voran Richard Löwenherz.

In England zeigte sich, was außerhalb Frankreichs überall festgestellt wurde: Die Templer waren im Wesentlichen unschuldig. Im Gegensatz zu Frankreich kamen die Festgenommenen rasch wir frei, die Folter wurde selten angewandt, und fast alle Angeklagten wurden freigesprochen. Noch eindeutiger erwies sich die Unschuld der Templer in Irland.

Helen Nicholson, Professorin an der Universität Cardiff, leitete die Forschungsarbeiten. Das Werk besteht aus dem originalen lateinischen Wortlaut (Bd. 1) und der englischen Übersetzung, einer Einführung in das Thema und ein Anmerkungsapparat. Die Edition erhielt hervorragende Kritiken in Fachzeitschriften.

 

Helen Nicholson: The Proceedings against the Templars in the British Isles. Vol. 1 + 2. Farnham 2011.

 

 

 

Kommentierte Bibliografie neuerer deutschsprachiger Veröffentlichungen über den mittelalterlichen Tempelritterorden

 

Da Heinrich Neu 1965 eine „Bibliografie des Tempelherren-Ordens 1927-1965“ (Bonn: Verlag Wissenschaftliches Archiv) mit ca. 700 Titeln veröffentlichte, die die ältere Bibliografie von M. Dessubre von 1928 ergänzt und fortsetzt, sind im folgenden fast nur Schriften über den Templerorden aufgeführt, die seitdem erschienen sind, abgesehen von den außerordentlich detaillierten Werken von Heinrich Prutz und Ferdinand Wilcke. Eine vorzügliche, auch gut geordnete Bibliografie der französischen und englischsprachigen Veröffentlichungen befindet sich auch in der Monografie „Die Templer. Aufstieg und Untergang 1120-1314 von Alain Demurger, S. 316-331. In diesem Zusammenhang sei auch auf die weit ausführlichere Bibliografie von Laurent Dailliez: Bibliografie du Temple, Paris 1972 verwiesen. Eine umfangreiche englische Bibliografie ist in der Monografie „The New Knighthood“ von Malcolm Barber (Cambridge 1995) enthalten.

Der Verfasser bevorzugt quellengestützte wissenschaftliche Darstellungen, wie sie in den Zeitschriften zu finden sind, wobei Rudolf Hiestand und Marie-Luise Bulst-Thiele wegen ihrer präzisen Darstellungen hier zu nennen sind. Zahlreiche Rezensionen zu in- und ausländischen Veröffentlichungen über den historischen Templerritterorden sind in der wissenschaftlichen Zeitschrift Deutsches Archiv für die Erforschung des Mittelalters gedruckt. Sie ist, wie auch die Zeitschrift für Kirchengeschichte, in den Historischen Seminaren oder auch Zentralbibliotheken der Universitäten einzusehen.

Es empfiehlt sich, Standardwerke wie die beiden Templer-Monografien von Malcolm Barber und Alain Demurger (sie stammen von den zwei der besten Templer-Kenner und sind auch für den Einsteiger in das Thema geeignet), dann wissenschaftliche Aufsätze und gedruckte Quelleneditionen zu nutzen. Doch ist zu bedenken, dass einerseits zahlreiche originale Dokumente über die Templer verloren gingen und andererseits die Templer nicht alles schriftlich fixiert hatten.

 

Bewusst nicht aufgeführt ist die fiktionale Templerliteratur (Roman und Jugendliteratur bis hin zum Groschenheft), da dort Fantasie und kommerzieller Aspekt ausschlaggebend sind. Das Thema „Templer in der Literatur“ wäre freilich eine eigene, kritisch kommentierende Untersuchung wert.

 

 

QUELLEN UND QUELLENKUNDE

 

 Heinrich Finke: Papsttum und Untergang des Templerordens, II. Bd.: Quellen.Münster 1907.

 

Anne Gilmour-Bryson: The Trial of the Templars in the Papal State and the Abruzzi.Vatikanstadt 1982. 

 

Rudolf Hiestand: Papsturkunden für Johanniter und Templer. Neue Folge (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, philologisch-historische Klasse, Folge 3, Nr. 77). Göttingen 1972.

 

Ders.: Papsturkunden für Johanniter und Templer, Neue Folge (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, philologisch-historische Klasse, Folge 3: Nr. 135), Göttingen 1984.

Der Inhalt dieser lateinisch abgefassten und wiedergegebenen Papsturkunden wird kurz in deutscher Sprache angegeben. Desweiteren nahm Hiestand eine Inventarisierung vor, d.h. er führt auf, in welchem Archiv sich die einzelnen Urkunden befinden. Die einst in Outremer (Palästina) befindlichen Urkunden gingen beim Fall der Kreuzfahrerstaaten oder kurze Zeit danach verloren. Die übrigen Urkunden, die sich auf abendländische Besitzungen beziehen, übertrug Papst Clemens V. an die Johanniter.

 

Winfried Irrgang: Urkunden und Regesten zur Geschichte des Templerordens im Bereich des Bistums Cammin und der Kirchenprovinz Gnesen (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern IV, Bd. 10). Köln 1988.

 

Jules Michelet: Le Proces des Templers, 2. Bd., Paris 1987 (Neuauflage der Bände von 1841 und 1851).

Die Prozessprotokolle sind in lateinischer Sprache, um ein Vorwort (1987) und eine Einleitung (1841/51) auf französisch ergänzt, in zwei umfangreichen Bänden veröffentlicht. Sehr wichtige Edition, daher ist sie hier zusätzlich zu den deutschsprachigen Quellenausgaben aufgeführt.

 

Friedrich Münter (Hrsg.): Statutenbuch des Ordens der Tempelherren. Neuausgabe der Fassung von 1794 mit einem Vorwort von Peter Dinzelbacher. Sinzheim 2002.

Dieser Reprint enthält die „Ordensverfassung“, die unterteilt ist: „Von der Aufnahme in den Orden/Von dem Haupt und den Gliedern des Ordens/Vom Gottesdienst/Von den allgemeinen Pflichten/Häusliche Anordnungen/Kriegsstatuten/Vom Kapitel/Von den Strafgesetzen des Ordens“.

 

Helen Nicholson (Hrsg.): The Proceedings Against The Templars In  The British Isles. Vol.1: The Latin Edition. Vol.2: The Translation. Surrey 2011.

 

Bernhard von Clairvaux (Bernardus Claraevallis): Ad milites templi. De laude novae militiae  (lateinisch mit deutscher Übersetzung).In: Gerhard B. Winkler (Hrsg.): Bernhard von Clairvaux. Gesammelte Werke, Bd. 1. Innsbruck 1990, S. 268-326.

Bei dieser Schrift handelt es sich um eine scharfe Kritik am bisherigen „nicht für Gott, sondern für den Teufel streitenden“ Rittertum, dem ausführlich der tugendhafte, bescheidene „Ritter Christi“ gegenübergestellt wird. Eine zehnseitige Einleitung des Herausgebers steht dem Text voran.   

 

Rudolf Hiestand: Zum Problem des Ordenszentralarchivs der Templer. In: Archivalische Zeitschrift, 76. Jg. (1980), S. 17-38.

Das Ordenszentralarchiv ist seit dem Fall der Festung Akko im Heiligen Land 1292 verschollen.

 

Zenon Hubert Nowak: Werkstatt des Historikers der mittelalterlichen Ritterorden: q uellenkundliche Probleme und Forschungsmethoden. Torun (Thorn): Univ. Nicolai Copernici, 1987.

Dieses Buch entstand im Rahmen einer mehrjährigen Vortragsreihe über geistliche Ritterorden. Thorn liegt in der Nähe des einstigen Deutschordensgebietes am Unterlauf der Weichsel.

 

 

LITERATUR

 

1., Allgemeine Abhandlungen über die Templer

 

Malcolm Barber: Die Templer. Geschichte und Mythos. Berlin 2010.

Standardwerk des bedeutenden englischen Mediätevisten. 

 

Marie-Luise Bulst-Thiele: Sacrae domus militiae Templi Hierosolymitani magistri. Untersuchungen zur Geschichte des Templerordens, 1118/9-1313 (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Philologisch-historische Klasse 40), Göttingen 1974.

Hierbei handelt es sich um die quellengestützte, glänzend erzählte Biografien der 23 Großmeister von Hugo de Payens bis Jacques de Molay, also um einen sehr wertvollen Beitrag zur Geschichtsschreibung über die Templer, im Anhang ergänzt um einige Quellen in lateinischer und französischer Sprache. Veröffentlicht ist unter anderem ein Briefwechsel Jacques de Molay mit dem englischen König Edward I. Ein höchst verdienstvolles Buch, ein Meilenstein.

 

John Charpentier: Die Templer. Stuttgart 1963.

 

Alain Demurger: Die Templer. Aufstieg und Untergang 1120-1314. München 1999.

Ein Standardwerk eines der besten derzeitigen Templerforscher. In zahlreichen Auflagen verbreitet.

 

Karlhans Kluncker: Die Templer. Geschichte und Geheimnis. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, 41.Jg. (1989), S. 215-249.

 

Sophia Menache: The Templar Order. A failed ideal? In: The Catholic Historical Review, 79.Jg. (1993), S. 1-21. 

 

Helen Nicholson: The Knight Templar. London 2010.

 

Hans Prutz: Entwicklung und Untergang des Tempelherrenordens. Walluf 1972 (Nachdruck von 1888).

Geschichtswissenschaftliches, sehr detailliertes Buch.

 

Jürgen Sarnowsky: Die Templer. München 2009.

 

Christian Vogel: Das Recht der Templer. Ausgewählte Aspekte des Templerrechts unter besonderer Berücksichtigung der Statutenhandschriften aus Paris, Rom, Baltimore und Barcelona. Berlin 2007.

Dissertation.

 

Ferdinand Wilcke: Geschichte des Ordens der Tempelherren. Wiesbaden 2006 (Nachdruck der Ausgabe von Halle 1860). 

 

Dieter H. Wolf: Internationales Templer-Lexikon. Innsbruck Wien München 2003.

3000 Stichworte, eine 20-seitige Chronik und eine kenntnisreiche Einleitung beeindrucken. Nüchterne, höchst informativ, anregend.

 

2., Entstehung des Tempelritterordens

 

Malcolm Barber: The Origins of the Order of the Temple. In: Studia Monastica, 12. Jg. (1970), S. 219-240. 

 

Marie-Luise Bulst-Thiele: Die Anfänge des Templerordens. Bernhard von Clairvaux. Citeaux. In: Zeitschrift für Kirchengeschichte, 104. Jg. (1993), S. 312-336.

Hervorragender, spannender Aufsatz einer der besten Templer-Kennerinnen. Die Abhandlung gibt auch das Leben der Tempelritter anschaulich wieder.

 

Rudolf Hiestand: Kardinalbischof Matthäus von Albano, das Konzil zu Troyes und die Entstehung des Templerordens. In: Zeitschrift für Kirchengeschichte, 99. Jg. (1988), S. 295-325.

Anspruchsvoller Aufsatz über die frühe Zeit des Ordens, verfasst von dem hervorragenden Templer-Experten Hiestand. Er geht auch auf Forschung und Literatur kritisch ein.

  

Anthony Lutrell: The Earliest Templers. In: Michel Ballard (Hrsg.): Autour de la premier croisade.Paris 1996, S. 193-202. 

 

Jonathan Philipps: Hugh of Payns and the 1129 Damascus Crusade. In: Malcolm Barber (ed.): The Military Orders. Fighting for the Faith and caring for the Sick. Aldershot 1994, S. 141-147. 

 

3., Templer im Zusammenhang mit anderen Ritterorden, den Kreuzzügen und weltlichen Herrschern

 

Malcolm Barber: The social context of the Templars. In: Transactions of the Royal Historical Society, 34. Jg. (1984), S. 27-46. 

 

Ders.: Supplying the Crusader States: the Role of the Templars. In: Benjamin Z. Kedar (Hrsg.): The Horns of Hattin.Jerusalem/Aldershot 1992, S. 314-326. 

 

Marie-Luise Bulst-Thiele: Templer in königlichen und päpstlichen Diensten. In: Festschrift für Percy Ernst Schramm, Bd. 1, Wiesbaden 1964, S. 289-308.

 

Dies.: Zur Geschichte der Ritterorden und des Königreichs Jerusalem im 13. Jahrhundert bis zur Schlacht bei La Fobie am 17. Oktober 1244. In: Deutsches Archiv für die Erforschung des Mittelalters, 22. Jg. (1966), S. 197-226.

Hatten die Templer Schuld am Untergang des Königreichs Jerusalem? Wie wirkte sich ihre Rivalität mit den Johannitern aus? Spannend erzählte wissenschaftliche Geschichtsschreibung, gestützt auf mittelalterliche Quellen, deren Glaubwürdigkeit zugleich erörtert wird. Die Situation im Heiligen Land wird dem Leser hervorragend vor Augen geführt.

 

Jochen Burgtorf: Führungsstrukturen und Funktionsträger in der Zentrale der Templer und Johanniter von den Anfängen bis zum frühen 14. Jahrhundert. Düsseldorf 2001.

Dissertation

 

Ders.: Die Ritterorden als Instanzen zur Friedenssicherung? In: Dieter Bauer/Klaus Herbers/Nikolaus Jaspert (Hrsg.): Jerusalem im Hoch- und Spätmittelalter. Frankfurt 2001, S. 165-200. 

 

Hartwig Cleve: Kaiser Friedrich II: und die Ritterorden. In: Deutsches Archiv für die Erforschung des Mittelalters, 49. Jg. (1993), S. 39-73.

Der Autor dieses vorzüglichen wissenschaftlichen Aufsatzes betont, das Verhältnis des Kaisers sei (etwas) besser gewesen, als in der Literatur bislang dargestellt. Das „Stupor Mundi“ bevorzugte bekanntlich die Deutschordensritter, ferner die Johanniter.

 

Alain Demurger: Die Ritter des Herrn. Geschichte der geistlichen Ritterorden. München 2003.

Wie auch bei Demurgers Buch über die Templer handelt es sich hier um ein präzise informierendes auch zum Einstieg in das Thema geeignetes Standardwerk, das sich als Überblicksdarstellung den Templern, Johannitern, dem Deutschen Orden und den spanischen Ritterorden widmet. Sehr gut gelungen, unbedingt zu empfehlen.

  

Josef Fleckenstein/Manfred Hellmann (Hrsg.): Die geistlichen Ritterorden Europas (Vorträge und Forschungen XXVI). Sigmaringen 1980.

Fleckenstein ist der Nestor der Rittertumsforschung. 2002 erschien von ihm: Rittertum und ritterliche Welt. Eine sehr ausführliche Bibliografie, die deutsche, französische, spanische und englische Schriften über das Rittertum aus nahezu fünf Jahrhunderten umfasst, enthält auch der Sammelband von Arno Bost (Hrsg.): Das Rittertum im Mittelalter. Darmstadt 1998, S. 437-482.

 

Francesco Gabrieli: Die Kreuzzüge aus arabischer Sicht. Augsburg 1999.

Zum vollständigen Bild einer Epoche gehört auch die Sichtweise der “anderen Seite“.

 

Feliciano Portela/Carlos de Ayala Martinez (Hrsg.): Ritterorden im Mittelalter. Stuttgart 2006.

Mit zahlreichen Fotos und Landkarten. Vorzugsweise werden die Ritterorden Spaniens und Portugals untersucht. Eine wervolle Ergänzung zu den Veröffentlichungen, die sich alleine dem Templer-, Johanniter- und Deutschen Orden in ihrer jeweiligen Gesamtheit widmen. 

 

Hans Prutz: Die geistlichen Ritterorden. Ihre Stellung zur kirchlichen, politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung des Mittelalters. Berlin 1968 (Nachdruck des Ausgabe von 1908).

Der Autor war ein renommierter Geschichtswissenschaftler, v.a. auf dem Gebiet der Templerforschung.

 

Jonathan Riley-Smith: The Origin of the Commandery in the Temple and in the Hospital. In: Anthony Lutrell/  (ed.): La Commanderie, institution des orders militaries dans l’orient medieval, comite de travaux historiques et scientifiques.Paris 2002, S. 9-18.    

 

Steven Runciman: Geschichte der Kreuzzüge. München 2008.

Neuauflage des detaillierten Standardwerks.

 

4., Studien mit regionalem Bezug

 

Laurent Dailliez: Les Templiers. Flandre, Hainaut, Brabant, Liege et Luxemburg. Nizza 1978.

 

Jacques Dubourg : Les Templiers dans le Sud-Ouest.Lucon 2001. 

 

Peter Edbury: The Templars in Cyprus. In: Barber, Military Orders, a.a.O., S. 189-195. 

 

Alan Forey: Ex-Templars in England. In: Journal of Ecclesiastical History, 53.Jg. (2002), S. 18-37. 

 

Francis Gutton: La Chevalerie Militaire au Portugal. L’Ordre du Temple, l’Ordre du Christ, l’Ordre d’Avis, l’Ordre de Santiago.Paris 1981. 

 

Gunther Lehmann/Christian Patzner : Die Templer in Mitteldeutschland. Erfurt 2004. 

 

Dies.: Die Templer im Osten Deutschlands.Erfurt 2005.

 

Annetta Ilieva: The Suppression of the Templars in Cyprus according to the Chronicle of  Leontios Makhairas.In: Barber (Hrsg.): Military Orders, a.a.O., S. 212-219. 

 

Joe Labonde: Die Templer in Deutschland. Eine Untersuchung zum historisch überkommenen Erbe des Templerordens in Deutschland.Mainz 2010. 

 

Evelyn Lord: The Knight Templars in Britain. London 2002. 

 

Michel Miguet: Templiers et Hospitaliers en Normandie. Paris 1995.

 

Thomas W. Parker : The Knight Templars in England. Tuscon 1963. 

 

Denys Pringle: Templar Castles on the Road to the Jordan. In: Barber, Military Orders, a.a.O., S. 148-166. 

 

Ders.: Templar Castles between Jaffa and Jerusalem. In: Nicholson (ed.): Military Orders 2, Welfare and Warfare. Aldershot 1998, S. 89-109. 

 

Pal Ritook: The Architecture of the Knight Templars in England. In: Barber, Military Orders, a.a.O., S. 167-178.  

 

Michael Schüpferling: Der Tempelherren-Orden in Deutschland.Bamberg 1915.

Dissertation. 

 

Herbert Wood: The Templars in Ireland. In: Proceedings of the Royal Irish Academy, Vol.XXVI, Section C, No. 14, Dublin 1907, S. 327-377. 

 

5., Spezielle Fragestellungen

 

Leopold Delisle: Memoire sur les Operations Fincieres des Templiers.Geneve 1975.

 

Malcolm Barber: The Templars and the Turin Shroud. In: The Catholic Historical Review, 68.Jg. (1982), S. 206-225. 

 

6., Der Untergang der Templer



Malcolm Barber: Propaganda in the Middle Ages.The charges against the Templars. In: Nottingham Medieval Studies, 17. Jg. (1973), s. 42-57. 

 

Ders.: James of Molay, the last Grand Master of the Temple.In: Studia Monastica, 14. Jg. (1972), S. 91-124.

 

Ders.: Der Templerprozess. Das Ende eines Ritterordens. Düsseldorf 2008.

  

Marie-Luise Bulst-Thiele: Der Prozess gegen den Templerorden. In: Josef Fleckenstein/Manfred Hellmann (Hrsg.): Die geistlichen Ritterorden. Sigmaringen 1980, Bd. 1, S. 375-402.

Vorzüglicher wissenschaftlicher Aufsatz.

 

Jochen Burgtorf (ed.) : The Debate on the Trial of the Templars (1308-1314). Surrey 2010.

 

Alain Demurger: Der letzte Templer. Leben und Sterben des Großmeisters Jacques de Molay.München 2007. 

 

Alan Forey: Towards a Profile of the Templars in the Early Fourteenth century.In: Barber, Military Orders, a.a.O., S. 196-204. 

 

Barbara Frale: Il Papato e il processo ai Templari. L’inedita assoluzione di Chinon alla luce della Diplomatica pontificia.Rom 2003. 

Die Monografie über das Dokument der Templer-Absolution von Chinon, das viel Aufsehen in den Massenmedien erregte. Ein Rätsel, warum dieses Buch noch nicht ins Deutsche übersetzt worden ist. 

 

Dies.: The Chinon Part. Papal Absolutation to the Last Templar Master Jacques de Molay. In: Journal of Medieval History, 30.Jg. (2004), S. 109-134. 

 

Johannes Fried: Wille, Freiwilligkeit und Geständnis um 1300. Zur Beurteilung des letzten Templergroßmeisters Jacques de Molay. In: Historisches Jahrbuch, 105. Jg. (1985), S. 388-425.

Dieser Aufsatz gibt keine neuen Quellen wieder, sondern interpretiert alte Quellen neu. Ihm zufolge wurde Jacques de Molay gefoltert (er war nicht nur der Drohung ausgesetzt, wie sonst oft zu lesen ist) und kämpfte seitdem um den Widerruf seiner Aussagen. Aus dem detaillierten Aufsatz (über einhundert Anmerkungen) geht hervor, wie die Folter im Allgemeinen um 1300 beurteilt wurde.

 

Sylvia Krause: Das Echo auf den Templerprozeß in der Historiographie. Wien 1973.

Dissertation

 

Ewald Müller: Das Konzil zu Vienne 1311-1312: seine Quellen und seine Geschichte. Münster 1934. 

Dissertation mit den Einzelheiten über die Aufhebung des Templerordens, der vom Konzil nicht verurteilt wurde. 

 

Helen Nicholson (ed.): Templars, Hospitallers and Teutonic Knights: Images of the military orders 1128-1291. Leicester 1993. 

 

Helen Nicholson: The Knight Templar on Trial. The Trial of the Templars in the British Isles 1308-1311.Stroud, Gloucestershire, 2009. 

 

Konrad Schottmüller: Der Untergang des Templerordens. Walluf 1970 (Reprint der Ausgabe Berlin 1887).

Es fällt auf, dass dieses Buch nur ein Jahr vor dem Templer-Buch von Prutz erschien. Der Leser vergleiche beide Bände – sie kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Prutz versucht stellenweise, Schottmüller zu korrigieren, ja eine Gegendarstellung in Fragen des Untergangs der Templer zu verfassen.

 

Jörg Seiler: Die Aufhebung des Templerordens nach neueren Untersuchungen. In: Zeitschrift für Kirchengeschichte, 109. Jg. (1998), S. 19-31.

 

Ansgar Konrad Wildermann: Die Beurteilung des Templerprozesses bis zum 17. Jahrhundert. Fribourg/Schweiz 1971. 

 

im Internet: 

www.templerlexikon.uni-hamburg.de

 

 

 

Stefan Winckler

Fernsehkritik: Dokumentation „Die Templer – Gottes geheimnisvolle Krieger“, Bayern Alpha vom 20.4.2013

 

Der öffentlich-rechtliche Fernsehkanal Bayern Alpha strahlte am 20.4.2013 um 20.15 Uhr eine Dokumentation unter dem Titel „Die Templer – Gottes geheimnisvolle Krieger“ aus. Die 45-minütige Sendung setzte sich mit der Geschichte des mittelalterlichen Tempelritterordens auseinander. Darin fehlte eine Übersicht über die Templerstandorte zumindest im /heute) deutschsprachigen Raum oder dem Heiligen Römischen Reich insgesamt. Etwas Platz war hingegen dem Autor Tobias Wabbel eingeräumt. Der aus der Lage nordfranzösischer Templerstandorte schloss, diese seien bewusst spiegelbildlich zum Sternbild Drache angeordnet. Außerdem seien die Templer im Besitz der Bundeslade gewesen. Hier begab sich der Fernsehbeitrag auf das weite Feld der Spekulation, was nicht nötig erscheint, zumal der wirtschaftliche Erfolg, die Ordensregel und der Tagesablauf der Templer ausreichend belegt, interessant und v.a. auch relevant genug gewesen wäre.

Außerdem präsentierte Bayern Alpha eine Templervereinigung der Gegenwart: das deutsche Großpriorat des internationalen OSMTH. Zwar war zu hören, der Name „Templer“ sei nicht geschützt, doch wäre es im Sinne journalistischer Sorgfalt gewesen, auf einige weitere Templervereinigung in Deutschland und darüber hinaus hinzuweisen: zumal die Internet-Seite www.neotempler.de die Recherche sehr leicht macht. Es überrascht außerdem ein wenig, dass die zentralen Begriffe „Rittertum“, „ritterlich“ und „Geleitschutz“ völlig fehlten.

Die Sendung war unterhaltsam und mit weniger Effekthascherei als üblich ausgestattet, aber hätte im Sinne einer seriösen Geschichtswissenschaft besser sein können. 

 

 

 

Stefan Winckler

Radiokritik: Der historische Templerorden

 

Das zweite Programm des Bayerischen Rundfunks strahlte am 27. Juni 2010 einen zwanzigminütigen Beitrag über den mittelalterlichen Templerorden und vor allem über seinen Untergang aus. Die Sendung (Autor: Christian Feldmann) nannte völlig zutreffend die historischen Tatsachen wie die Gründung und die Eigenheiten der Templer. Vor allem wurde hervorgehoben, dass der Orden im Konzil von Vienne nicht aufgelöst oder gar verurteilt, sondern durch einen Verwaltungsakt suspendiert worden war (und auch dies wesentlich unter militärischen Druck König Philipps IV.). Das Thema „Flucht von Templern nach Schottland“ wird kurz gestreift. Am Kap Mull of Kentyre an der schottischen Westküste befänden sich Templergräber, so der Autor Franjo Terhart als Experte.  Esoterisches und magisches Geheimwissen der Templer, so die Moderatorin völlig richtig, gehörten ins Reich der Phantasie (dabei widerspricht sie Terharts früheren, die Esoterik stark bemühenden Bücher). Es erstaunt, dass ein freier Autor und kein Professor für mittelalterliche Geschichte zu Wort kam.

 

Eine Kleinigkeit kann außerdem an diesem sehr gelungenen Beitrag moniert werden: der triviale und zugleich reißerische Titel „Das Geheimnis der Tempelritter: Geld, Macht und Intrigen“. Nachzuhören unter:

http://www.br.de/service/suche/suche104.html?query=tempelritter&x=0&y=0 

 

Zuvor schon, am 29. März 2010, war die Sendung „Der Templerorden darf steinreich werden“ (Autor: Thomas Morawetz) in der Reihe „Kalenderblatt“ auf Bayern 2 zu hören. Aufhänger war die Entscheidung von Papst Innocenz II. am 29. März 1139, wonach die Templer keiner weltlichen Obrigkeit unterstellt sein sollten – und fortan von Steuern befreit waren. Dauer: drei Minuten. Nachzuhören unter: http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/radiowissen/templerorden100.html

 

 

 

Stefan Winckler

Der Ritterorden vom Goldenen Vlies

  

Das Ende der Kreuzzüge im späten 13. Jahrhundert warf die Frage auf: Was soll künftig die Aufgabe der geistlichen Ritterorden sein? Das Konzil zu Vienne hatte 1312 den Tempelritteroden aufgehoben, der Deutsche Orden und der Johanniterorden übernahmen immer mehr weltliche Aufgaben: der Deutsche Orden besaß riesige Gebiete im Ostseeraum, während die Johanniter Herren der Insel Rhodos waren. Der Christusritterorden war auf Dienste alleine für Portugal und sein Königshaus festgelegt. Auch die regionalen iberischen Ritterorden unterstanden nicht mehr direkt dem Papst (abgesehen davon, dass sich das Papsttum selbst in Avignon von der französischen Krone abhängig gemacht hatte). Gleichzeitig stifteten die Fürsten in vager Anlehnung an die geistlichen Ritterorden ihre eigenen weltlichen Orden. Am bekanntesten und langlebigsten erwies sich der Hosenbandorden und der Ritterorden von goldenen Vlies. Letzterer, auch „Orden vom güldenen Lämblein von Burgund“ genannt,  geht auf König Philipp den Guten von Burgund zurück (Zentrum seiner Herrschaft war weniger die heutige Bourgogne, sondern die Städte Brügge, Gent und Mons). Er stiftete ihn am 10. Januar 1430 aus Anlass seiner Vermählung mit Isabella von Portugal. An jenem Tag wurden 24 burgundische Ritter aufgenommen. Vorbild war der Hosenbandorden. Ordensabzeichen war und ist ein stilisiertes Widderfell (Vlies), welches an einer Ordenskette (Collane) aus 31 Gliedern (31 wegen der 30 Ordensbrüder und dem Großmeister) hängt.  Ordensziele waren die Erhaltung des christlichen bzw. katholischen Glaubens, der Schutz der Kirche und die Wahrung der unbefleckten Ehre des Rittertums. Er ist der Muttergottes gewidmet. Schutzpatron ist der Apostel Andreas.

Auf Philipp den Guten folgte sein Sohn Karl der Kühne als Großmeister. Mit Karl starb die Dynastie aus, und der Orden ging über auf seinen Schwiegersohn Maximilian I. von Habsburg. Auf Maximilian folgte dessen Sohn Philipp, der Johanna von Spanien (später genannt: „die Wahnsinnige“) heiratete und damit Spanien für die Habsburger erwarb. Mit dem Aussterben der spanischen Habsburger 1700 teilte sich der Orden in einem spanischen und einen österreichischen Zweig. In Madrid übernahm die spanische Linie des Hauses Bourbon das Großmeisteramt, unterbrochen lediglich von Joseph Bonaparte (Spaniens König 1808-1813). Bereits im 19. Jahrhundert zeigte sich, dass der spanische Zweig seine Ritter nicht nur aus den regierenden katholischen Dynastien heranzog. Wir finden hier Louis Napoleon Bonaparte, seinerzeit Präsident und noch nicht Kaiser Frankreichs (1850). Der Protestant Otto von Bismarck fand seine Aufnahme auf dem Höhepunkt des antikatholischen Kulturkampfes 1875, gleichzeitig mit dem seinerzeit erst 16-jährigen Wilhelm II, dem 1931 Paul von Hindenburg folgte. Mit dem Zarewitsch Nikolaus (II.)  war auch die Russische Orthodoxie vertreten. Damit wird die Tendenz ersichtlich, den Orden zum Zwecke guter diplomatischer Beziehungen auch für Nichtkatholiken zu öffnen, was im Grunde im Gegensatz zu seiner Tradition und auch zur katholischen Identität Spaniens steht.

Nach wie vor sind zu einem erheblichen Teil Monarchen wie Harald V. von Norwegen (wie auch sein verstorbener Vater Olaf), Carl XVI. Gustaf von Schweden, der abgesetzte König der Hellenen Konstantin (ebenso wie sein Vater Paul) Ritter des Ordens die drei Königinnen Elisabeth II, Margrethe und Beatrix Ritter des Ordens. Offenbar geht es hauptsächlich um die Einbeziehung des Hochadels, ungeachtet der katholischen Konfession (man denke nur an die skandinavischen Monarchen) oder des praktizierten Glaubens. Auch die außerchristliche Monarchen Hirohito, Bhumibol (Thailand) und Abdullah von Saudi-Arabien[i] waren bzw. sind Ritter vom Goldenen Vlies. In diesem Zusammenhang wäre zu fragen, warum Abdullah als Oberhaupt einer absoluten Monarchie, die Christen benachteiligt, einem solchen Orden angehört, zumal der spanische Staat selbstverständlich über eine Reihe von passenderen Verdienstorden verfügt.  Jedenfalls  wird sehr leicht ersichtlich, dass die Aufnahme in den Orden in Spanien wenig mit den alten Zielsetzungen des Ordens zu tun hat. Außerdem können auch Bürgerliche, wie z.B. Nicolas Sarkozy, Ordensritter werden. Diese Unterschiede begründen, weshalb der österreichische den spanischen Zweig, dem heute König Juan Carlos vorsteht,  nie anerkannt hat. 

In Wien stand das jeweilige Oberhaupt des Hauses Habsburg (früher der Kaiser von Österreich bzw. des Heiligen Römischen Reiches) an der Spitze des Ordens. Heutige Mitglieder des österreichischen Zweiges sind (nach wie vor) die Habsburger-Prinzen, allen voran Karl von Habsburg-Lothringen, der seinem Vater Otto als Ordensmeister folgte. Christoph Kardinal Schönborn (Ordensgroßkaplan) ist darunter, Alois Konstantin von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, Karl zu Schwarzenberg (wie auch viele seiner Vorfahren), Prof. Nikolaus Lobkowicz (zahlreiche Fürsten Lobkowicz waren Ritter vom Goldenen Vlies), und König Albert II. von Belgien. Des Weiteren ließe sich der Enkel Franz Ferdinands, Georg Hohenberg, aufführen, sowie Fürst Hans Adam von Liechtenstein (wie viele seiner Vorfahren), also der katholische Adel.  Feiertag des Ordens ist der 30. November (Tag des heiligen Andreas), an dem die neuen Ritter rezipiert werden. Einige Ritter vom Goldenen Vlies sind zugleich Ehren- bzw. Devotionsritter des Souveränen Ritterordens der Malteser: Schönborn, Schwarzenberg, Lobkowicz. Ritter Andrew Bertie (1929-2008) war sogar Großmeister des Malteserordens. Dass der österreichische Zweig des Ordens der historisch interessantere ist, zeigt sich auch daran, dass sich das Archiv und der Schatz des Ordens seit 1797 in Wien befinden. Die Republik Österreich erkennt das Recht des Hauses Habsburg auf Ordensverleihung.  

Der Ritterorden vom Goldenen Vlies betreibt als exklusiver Orden keine Öffentlichkeitsarbeit, etwa durch eine Präsentation im Internet. Damit unterscheide er sich von den Maltesern und dem Ritterorden vom Heiligen Grab. Insofern ist es schwer, etwas über Aktionen im Sinne des alten Ordenszwecks zu erfahren.

 

Literatur:

 

www.antiquesatoz.com/sgfleece (ausführliche Darstellung mit Ordensgeschichte, Insignien und vollständiger Liste der Ordensritter der verschiedenen Zweige)

www.chivalricorders.org/orders/other/goldflee.htm

 

 

  1. Dazu Foto und Kritik: Hugh O'Reilly: The King of Spain dishonors the Golden Fleece Order. Siehe: http://www.traditioninaction.org/History/A_009_GoldenFleece.htm 
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